Erfolgsfaktoren im E-Commerce: Erst die Pflicht, dann die Kür
Dem Wettbewerb im E-Commerce müssen sich sowohl große als auch mittelständische Händler stellen. Interaktive Services und Benutzerfreundlichkeit werden zunehmend zum Differenzierungsmerkmal und damit auch zum Erfolgsfaktor.
Der deutsche E-Commerce-Markt verzeichnet seit Jahren eine positive Entwicklung. Die Marke von über 30 Milliarden Euro erreichte der E-Commerce-Markt bereits im Jahr 2012, und für das Jahr 2013 wurden abschließend etwa 37,5 Milliarden Euro prognostiziert – das entspricht einem Anteil am Umsatz des gesamten Einzelhandels von 8,6 Prozent (ohne schnelldrehende Produkte). Analog zum steigenden Onlineumsatz kaufen immer mehr Bundesbürger (nahezu drei Viertel der deutschen Internetnutzer) häufig oder gelegentlich online ein. Unter denen, die im Internet kaufen, haben über 70 Prozent bereits Mode gekauft, knapp dahinter folgen Bücher und digitale Medien. Neben diesen beiden Warengruppen sind es vor allem Produkte aus der Branche der Generalisten, der Apotheken-Branche sowie dem Bereich Computer und Consumer Electronics, die von den meisten schon einmal online gekauft worden sind.
Die Relevanz des Internets als Vertriebskanal zeigt sich auch deutlich bei der Betrachtung der Kaufhäufigkeiten der deutschen Onlineshopper: Gut 66 Prozent kaufen mindestens einmal im Monat online ein und fast 40 Prozent der befragten Onlineshopper kaufen sogar mehrmals im Monat im Internet ein. Einhergehend mit der Tatsache, dass immer mehr Deutsche Erfahrungen mit dem Einkaufen im Internet gemacht haben und es in vielen Branchen bereits zum Alltag gehört, sind auch die Ansprüche der Kunden an einen reibungslosen Ablauf beim Onlinekauf stetig gestiegen und liegen weiterhin auf einem hohen Niveau.
Der Kunde erwartet vom ersten Besuch auf der Website bis hin zum Check-out und der finalen Lieferung der bestellten Ware einen reibungslosen Ablauf und stellt hohe Ansprüche an den gesamten Kaufprozess. Frühere Begeisterungsfaktoren haben sich schnell zu Basisfaktoren entwickelt, mit denen sich kaum ein Shop mehr von der Konkurrenz abheben kann. Die große Herausforderung für Onlinehändler besteht darin, die Erwartungen der eigenen Kunden genau zu kennen und das Onlineangebot bestmöglich hieran auszurichten.
Die jüngste Studie „Erfolgsfaktoren im E-Commerce – Deutschlands Top-Online-Shops“ des ECC Köln in Zusammenarbeit mit Hermes geht unter anderem den Fragen nach, was erfolgreiche Onlinehändler von weniger erfolgreichen unterscheidet oder welche Kriterien bei der Auswahl eines Onlinehändlers aus Kundensicht entscheidend sind. Die Studie untersucht die zentralen Erfolgsfaktoren im E-Commerce und die Onlineshops in Deutschland. Dazu wurden sieben identifizierte Erfolgsfaktoren (Website-Gestaltung, Preis-Leistung, Sortiment, Bezahlung, Versand und Lieferung, Benutzerfreundlichkeit, Service) sowie an die 60 dahinterliegende Einzelkriterien aus Konsumentensicht hinsichtlich Relevanz und Zufriedenheit bewertet und der Einfluss der Zufriedenheit mit diesen Faktoren auf die Kundenbindung analysiert. Über 10 000 Konsumenten gaben ihre Bewertung zum Onlineshoppingerlebnis ab und beurteilten insgesamt 105 Onlineshops aus 13 Kategorien (Branchen). Herausgearbeitet wurden die Basisanforderungen der Kunden für Onlineshops.
Eine gute Qualität zu einem angemessenen Preis ist ein grundlegendes Erfolgsrezept eines jeden erfolgreichen Händlers. Mehr denn je gilt dieses Gesetz im Onlinehandel, wo eine hohe Vergleichbarkeit von Produkten und Preisen herrscht, die Informationssuche für den Konsumenten mit wenig Aufwand verbunden ist – und der Wettbewerber mit dem besten Angebot nur den berühmten Klick weit entfernt. Auch die Ergebnisse zeigen: Für gut 93 Prozent der Befragten ist die Qualität eines Produkts ein absolut beziehungsweise sehr wichtiges Kriterium beim Onlinekauf, darüber hinaus zählt ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis (93,2 Prozent) zu den Top zehn der wichtigsten Kriterien aus Konsumentensicht.
Unter den Top zehn der wichtigsten Erfolgskriterien liegt an Platz drei auch das Vorhandensein der präferierten Zahlungsmethode. Konsumenten sind häufig auf ein bestimmtes Set an Zahlungsverfahren festgelegt, welches das Vertrauen des Konsumenten genießt. Dies führt bei Nicht-Vorhandensein der drei persönlich präferierten Verfahren in fast 50 Prozent der Fälle zu einem Abbruch des Kaufvorgangs. Die derzeit beliebtesten Zahlungsverfahren unter den deutschen Verbrauchern sind Rechnung, PayPal, Lastschrift, Kreditkarte und Sofortüberweisung.
Auch die Offenlegung aller Kosten / Transparenz zählt zu einem aus Kundensicht guten Kaufprozess. Die hohe Bedeutung einer kostenlosen Lieferung ab Mindestbestellwert zeigt, dass Konsumenten eher weniger bereit sind, Versandkosten zu übernehmen beziehungsweise die kostenfreie Lieferung zumindest ab einem bestimmten Warenkorbwert erwarten. Ebenfalls wichtig für die Konsumenten sind ausführliche und informative Produktbeschreibungen sowie die unkomplizierte Retourenabwicklung. Eine einfache Einlösemöglichkeit eines Gutscheins bei der Bezahlung, die Verfügbarkeitsanzeige im Onlineshop sowie eine übersichtliche Startseite schließen die wichtigsten Top zehn der knapp 60 untersuchten Einzelkriterien aus Sicht der Onlineshopper ab.
Kunden ordnen bei der Nutzung von Onlineshops harten Faktoren – wie Qualität, Sortiment und Preis – einen höheren Stellenwert zu als weichen Faktoren – wie einzelne Serviceleistungen oder Einbindung von Social-Media-Elementen. Dies bedeutet aber nicht, dass diese Kriterien vernachlässigt werden können – der Kunde erwartet in vielerlei Hinsicht einen reibungslosen Ablauf im Onlineshop. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass es nicht ausreicht, nur in einem Bereich zu den Top-Onlineshops zu zählen. Somit gilt es, mit den grundlegenden Kriterien die Pflicht (Preis-Leistung, Qualität, Lieferverfügbarkeit, Retourenmanagement, Kontakt / Service, Produktpräsentation und Beschreibungen, benutzerfreundliche Website / Navigation und so weiter) zu erfüllen, dann weitere notwendige Services oder Leistungen aufzusetzen und sich schließlich mit der Kür vom Wettbewerb abzugrenzen.
Die Distanz zwischen Anbietern und Kunden ist eine der größten Hürden für den Onlinehandel. Für über 60 Prozent der befragten Konsumenten ist ein ausführlicher Servicebereich in einem Shop absolut beziehungsweise sehr wichtig. Ausführliche Informationen zum Unternehmen und zum Bestellprozess, ein FAQ-Bereich sowie detaillierte Kontaktangaben im Onlineshop helfen dabei, Vertrauen zu stiften und Kaufabbrüchen vorzubeugen. In Sachen Service ist es Konsumenten bei der Bestellung im Onlineshop besonders wichtig, dass sie bei Fragen oder Problemen mit dem Händler ihrer Wahl in Kontakt treten können – am Besten über verschiedene Kanäle (Telefon, Mail, Chat). Dies ist besonders bei erklärungsbedürftigen Produkten relevant. Interaktive Services wie Kundenchats in Echtzeit oder Service-Avatare ersetzen zwar nicht die Beratung durch einen geschulten Mitarbeiter, können aber dennoch helfen, das Einkaufserlebnis der Konsumenten einfacher zu gestalten – auch wenn diese Services aus Konsumentensicht aktuell eher noch eine untergeordnete Rolle spielen.
Auf Platz drei der wichtigsten Kriterien im Bereich Service wählen die Konsumenten die Verfügbarkeitsabfrage für den stationären Handel. Um die Verweildauer der Konsumenten im eigenen Onlineshop zu verlängern und die Warenkorbwerte zu steigern, empfiehlt sich für Onlinehändler die Integration eines Empfehlungssystems. Personalisierte Produktempfehlungen und interaktive Services gehören aktuell eher noch zur Kür im Onlinehandel, Serviceaspekte werden in nächster Zeit aber immer mehr zum Differenzierungsmerkmal von Onlineshops.
Autorin
Autorin
Svenja Lambertz
Projektmanagerin
ECC Köln, c/o IFH Institut für Handelsforschung
ECC Köln, c/o IFH Institut für Handelsforschung
Köln
IHK WirtschaftsForum
August 2014
August 2014