Vorschriften und Befreiungstatbestände für begrenzte und freigestellte Mengen

Gefahrgutvorschriften und Befreiungstatbestände für die Beförderungen von gefährlichen Gütern in begrenzten oder freigestellten Mengen 

Häufig werden im Stückgutbereich auch Kleintransporteure und Kurierdienste mit der Beförderung gefährlicher Güter beauftragt. Diese Transporte werden geregelt von den Vorschriften des ADR (Europäisches Übereinkommen zum Transport gefährlicher Güter auf der Straße) in Verbindung mit der GGVSEB (Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt).
Die nachfolgenden Ausführungen gelten auch für andere Beförderung kleiner oder besonders verpackter Mengen. Grundsätzlich sollte jedes Unternehmen seine Freistellungsmöglichkeiten aus den Vorschriften heraus selbst erarbeiten.  


I. Befreiungsmöglichkeiten  

Werden gefährliche Güter in bestimmten Mengen und Verpackungen befördert, gibt es hierfür gegebenenfalls Möglichkeiten für die vollständige oder teilweise Befreiung von den Vorschriften des ADR: 
  • Kapitel 1.1.3 ADR: Freistellungen 
  • Tabelle der begrenzten Mengen in Kapitel 1.1.3.6.3 ADR 
  • Kapitel 2.2: Bemerkungen und Fußnoten 
  • Kapitel 3.3: Befreiung durch Sondervorschriften 
  • Kapitel 3.4: In begrenzten Mengen verpackte gefährliche Güter 
  • Kapitel 3.5: In freigestellten Mengen verpackte gefährliche Güter   


II. Einzelvorschriften  

Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Freistellungsregelung ist in jedem Fall, dass das jeweilige Gefahrgut richtig klassifiziert ist; UN-Nummer, offizielle Stoffbezeichnung, Gefahrgutklasse, Verpackungsgruppe müssen bekannt und richtig zugeordnet sein. Diese Zuordnung zu treffen ist in der Regel Aufgabe des Absenders.
Beim Transport gefährlicher Güter wird der Beförderer im Sinne des § 19 GGVSEB tätig, aber auch als Fahrzeughalter obliegen ihm gemäß § 28 besondere Pflichten. 
Folgende Regelungen sind dabei von Bedeutung:  

Freistellung für die in begrenzten Mengen verpackten gefährlichen Güter nach Kapitel 3.4 ADR:
  1. Voraussetzung: Einhaltung spezieller Mengengrenzen  und Verpackungsvorschriften nach Kapitel 3.4 (ergibt sich aus der Tabelle 3.2 A, Spalte 7a). Wobei Maximalwerte von 30 kg bei Versandstücken und 20 kg bei Trays gelten.
  2. Kennzeichnung: Das Versandstück muss deutlich und dauerhaft mit der Kennzeichnungsnummer des Stoffes, die Buchstaben "UN" vorangestellt, versehen sein.
    Das anzubringende Kennzeichen muss ein auf die Spitze gestelltes Quadrat mit einer Seitenlänge von mindestens 100 mm bilden,. Die oberen und unteren Teilbereiche der Randlinie müssen schwarz sein und der mittlere Bereich entweder weiß oder mit stark kontrastierendem Hintergrund.  
  3. Beförderungspapier: Auf ein Beförderungspapier nach Kapitel 5.4.1 ADR darf verzichtet werden.   

Erleichterungen im Zusammenhang mit in freigestellten Mengen verpackter gefährlicher Güter nach Kapitel 3.5 ADR:
  1. Für gefährliche Güter, die nach den Vorschriften des Kapitels 3.5 verpackt sind und in der Spalte 7 b der Tabelle 3.2 A einen Eintrag haben, gelten die Bestimmungen des ADR nicht, mit Ausnahme von  
    - den Vorschriften der Unterweisung nach Kap. 1.3,
    - der Klassifizierungsverfahren und Kriterien für die VG nach Kap. 2,
    - der Verpackungsvorschriften der Unterabschnitte 4.1.1.1, 4.1.1.2, 4.1.1.4 und 4.1.1.6  
  2. Die Kennzeichnung erfolgt mit dem Muster 3.5.4.2 - ein Quadrat mit einer Kantenlänge von 100 mm, der Rand schraffiert, entweder rot oder schwarz wie das E in der Mitte.  
  3. Innerhalb des Kennzeichens sind mind. eine Nummer des Gefahrzettels sowie entweder der Name des Absenders oder Empfängers einzutragen. 

Beförderung in begrenzten Mengen nach Kapitel 1.1.3.6.3 ADR:
  1. Voraussetzung: Die Gesamtmenge, die sich nach den Vorgaben der Tabelle errechnet, darf in der Beförderungseinheit nicht überschritten werden.
  2. Befreiung von folgenden Vorschriften: 
    - Kapitel 1.10: Vorschriften für die Sicherheit 
    - Kapitel 5.3: Anbringen von Großzetteln (Placards) und orangefarbenen Kennzeichnungen 
    - Abschnitt 5.4.3: Schriftliche Weisungen 
    - Kapitel 7.2: Vorschriften für die Beförderung von Versandstücken außer Abschnitt 7.2.4 Sondervorschriften V5 und V8 
    - Abschnitt 7.5.11, Sondervorschrift CV1: Verbot des Auf- und Abladens innerhalb und außerhalb von Ortschaften 
    - Teil 8: Vorschriften für die Fahrzeugbesatzungen, die Ausrüstung, den Betrieb der Fahrzeuge und die Dokumentation außer:
       – Abschnitt 8.1.2.1 a) Begleitpapiere 
       – Abschnitt 8.1.4.2 bis 8.1.4.5 Feuerlöschausrüstung 
       – Abschnitt 8.2.3 Unterweisung 
       – Abschnitt 8.3.3 Verbot der Öffnung von Versandstücken 
       – Abschnitt 8.3.4 Tragbare Beleuchtungsgeräte 
       – Abschnitt 8.3.5 Rauchverbot 
       – Kapitel 8.4: Vorschriften für die Überwachung der Fahrzeuge 
       – Kapitel 8.5: 
           Sondervorschrift S1 - Beförderung von Stoffen der Klasse 1 & (3) und (6): Verbot von Feuer und offenem Licht und Überwachung der           Fahrzeuge 
      –  Sondervorschrift S2 - Beförderung von Stoffen der Klasse 2 & (1) und (3) : Tragbare Beleuchtungsgeräte und Vermeidung                 
           elektrostatischer Aufladung 
       – Sondervorschrift S4 - Beförderung unter Temperaturkontrolle 
       – Sondervorschrift S14 bis S21 
     – Teil 9: Bau und Zulassung der Fahrzeuge
  3. Zu beachten sind Sonderregelungen für das Beförderungspapier nach Abschnitt 5.4.1.1.10:
    z.B. der Eintrag "BEFÖRDERUNG OHNE ÜBERSCHREITUNG DER IN UNTERABSCHNITT 1.1.3.6 FESTGESETZEN FREIGRENZEN"  
  4. Besondere Regeln gelten für den Zu-/Nachlauf zu Flughafen und Seehafen   


III. Ladungssicherung  

Von besonderer Bedeutung beim Gefahrguttransport ist die Ladungssicherung. Diese ist Aufgabe des Verladers und des Fahrzeugführers. Die einzelnen Teile müssen auf den Fahrzeugen so verstaut und durch geeignete Mittel gesichert sein, dass sich ihre Lage zueinander und zu den Wänden des Fahrzeugs nur geringfügig verändern kann.
Einschlägige Bestimmungen dafür finden sich in der StVO, StVZO, den UVV ́s der Berufsgenossenschaften sowie in den DIN-Regeln und den VDI-Richtlinien.   


IV. Schulungspflichten 


  • Fahrer
    Auch wenn die Fahrer nicht bei jeder Beförderung der ADR-Schulungspflicht nach Kapitel 8.2 unterliegen, empfiehlt es sich, zur Sicherstellung der den Gefahrgutvorschriften entsprechenden Qualität, stets geschultes Personal einzusetzen.  Die Kapitel 1.3 / 8.2.3 des ADR sehen unter anderem eine Unterweisung weiterer Personen vor, die mit der Beförderung gefährlicher Güter befasst sind. 
  • Gefahrgutbeauftragte
    Ein Kurierdienst/Kleintransporteur ist auch nach der Gefahrgutbeauftragtenverordnung /GbV) dazu verpflichtet, einen Gefahrgutbeauftragten zu bestellen, wenn dem Unternehmen oder Betrieb, nach den Gefahrguttransportvorschriften des Verkehrsträgers (z.B. ADR) Verantwortlichkeiten zugewiesen sind. Befreiungen gibt es für die beschriebenen Beförderungen. Im Falle der Verpflichtung kann dies der Unternehmer selbst sein, ein Mitarbeiter oder ein externer Dienstleister. Voraussetzung für die Bestellung ist in jedem Fall der Schulungsnachweis GbV.   
  • Unterweisung von Personen, die an der Beförderung beteiligt sind
    Solche Personen sind auch in Betrieben vorhanden, welche die Kriterien zur Bestellung eines Gefahrgutbeauftragten nicht erfüllen. Auch sie müssen nach Kapitel 1.3 ADR geschult werden.