Güterlisten

Für die Ausfuhr von bestimmten Gütern ist eine Genehmigung erforderlich. Der Grund für die Genehmigungspflicht liegt in bestimmten technischen Produkteigenschaften. Genehmigungen sind erforderlich für Lieferungen in alle Länder außerhalb der EU, in seltenen Fällen auch für Verbringungen innerhalb der EU.
Neben einem strikten Ausfuhrverbot bei Embargos stellt sich grundsätzlich immer auch die Frage, ob Güter ausfuhrgenehmigungspflichtig sein können. Im Gegensatz zu Länder- und Personenembargos, bei denen das „Wohin“ und an „Wen“ entscheidend ist, spielt bei der Frage nach der Ausfuhrgenehmigungspflicht das „Was“ eine Rolle. Es geht also um den Gegenstand der Lieferungen und Leistungen an einen ausländischen Kunden, welcher der Exportkontrolle unterliegen kann.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass Sanktionen auch bei Embargo für Waren bestimmter Branchen bestehen!
Vorab sollte erst einmal festgehalten werden, dass von „Gütern“ und nicht von „Waren“ die Rede ist. In der Exportkontrolle umfasst der Begriff „Güter“ neben physischen, beweglichen Waren auch Software und Technologie. Letzteres ist technischen Wissen für die Entwicklung, Herstellung und Verwendung eines Produkts. Zu beachten ist darüber hinaus auch, dass nicht nur direkte, unmittelbare Lieferungen an Auslandskunden, sondern auch Handels- und Vermittlungsgeschäfte von der Exportkontrolle betroffen sein können.

Güter können einen doppelten Verwendungszweck haben

Die Exportkontrolle zielt darauf ab, die Verbreitung militärisch nutzbarer Güter zu regeln sowie die Verbreitung von Massenvernichtungsgütern zu verhindern. Dass Produkte von Rüstungskonzernen und Kriegswaffenherstellern von einer Überwachung betroffen sind, ist offensichtlich. Wie verhält es sich aber mit Produkten die einen zivilen Anwendungszweck haben. Gibt es unter diesen auch welche, die militärisch zweckentfremdet werden können, eventuell also einen doppelten Verwendungszweck haben? Die Antwort lautet eindeutig: Ja, die gibt es. Und gerade diese Produkte stehen im Fokus der Exportkontrolle und sind oftmals nur mit ausreichend technischem Sachverstand zu identifizieren.
Da die Exportkontrolle auf die Vermeidung von militärischer Nutzung abzielt, handelt es sich bei kontrollierten Gütern meist um Hightech-Produkte mit ganz besonderen Produkteigenschaften. Welche zivilen Güter kontrolliert werden müssen, bestimmen Experten in 4 internationalen Exportkontrollgremien. Sie beraten darüber, ob zivile Güter auch militärische Verwendung haben können. Diese internationalen Güterlisten werden jährlich aktualisiert und in das EU-Recht übernommen.

Die Dual-Use-Güter-Liste verzeichnet Güter mit doppeltem Verwendungszweck

Zweckmäßig und einfach wäre ja jetzt eine Kennzeichnung dieser Produkte im Zolltarif. Denn diese „Liste“ gibt es ja schon. Da die dort enthaltenen Warenbeschreibungen aber technisch nicht ausreichend spezifiziert sind, kann man den Zolltarif als „Exportkontroll-Warenliste“ leider nicht nutzen (mittelbar schon, aber dazu weiter unten mehr).
Vielmehr gibt es eine eigene Liste, welche diejenigen Güter erfasst, die – wie schon mehrfach betont – neben einem zivilen auch einen militärischen Verwendungszweck haben, also in zweifacher Hinsicht gebraucht werden können. Im Englischen heißt das „dual-use“. Die Liste wird dementsprechend Dual-Use-Güter-Liste genannt und ist Anhang einer EU-Verordnung gleichen Namens.
Die EU-Dual-Use-Verordnung ist 2021 nach mehr als 10-jähriger Überarbeitung in eine neue Fassung gebracht worden und am 9. September in Kraft getreten. Die Dual-Use-Güter-Liste ist der Anhang I der Verordnung. Es gibt noch einen Anhang IV, der eine kleine Teilmenge von Dual-Use-Gütern mit noch spezifischeren Produkteigenschaften umfasst. Für diese Güter besteht auch eine Genehmigungspflicht bei der Verbringung innerhalb der EU.
Neben der EU-Dual-Use-Güter-Liste gibt es auch eine nationale, deutsche Ausfuhrliste. Sie besteht aus einer Liste für Waffen, Munition und Rüstungsmaterial (Rüstungsgütern) und einer Liste von derzeit 17 national erfasster Dual-Use-Güter mit wiederum sehr spezifischen Produkteigenschaften und der Angabe von Ländern, in die exportiert werden soll.

Überprüfung der Güter-Listung und Hilfsmittel

Stellt die Einreihung von Waren in den Zolltarif schon eine Herausforderung, so stellt die Überprüfung einer „Listung“ auf der EU-Dual-Use-Güterliste eine Steigerung dar. Ohne technischen Sachverstand wird es hier kaum gehen. Die Kenntnisse der Techniker und Ingenieure in den Unternehmen sind dabei unverzichtbar.
Grundsätzlich gilt, dass die Überprüfung einer Güterlistung unmittelbar in der EU-Dual-Use-Güter-Liste bzw. deutschen Ausfuhrliste zu erfolgen hat. Nur diese sind rechtlich verbindlich. Um sich diesen Listen zu nähern, gibt es allerdings Hilfsmittel. Hierzu zählen das Stichwort- und Umschlüsselungsverzeichnis der zuständigen Behörde BAFA sowie der elektronische Zolltarif (EZT) der deutschen Zollverwaltung.
Das Stichwortverzeichnis bietet – wie die Bezeichnung schon sagt – Gelegenheit, nach Stichwörtern zu schauen. Allerdings muss man hier kreativ sein, da das Stichwortverzeichnis nicht den Anspruch erhebt, alle gleichbedeutenden Begriffe zu verzeichnen.
Das Umschlüsselungsverzeichnis und der EZT haben gemeinsam, von einer Zolltarifnummer auf eine mögliche Güterlistennummer zu verweisen. Allerdings ist diese Zuordnung nicht eindeutig, weil eine Zolltarifnummer viel mehr Waren umfasst als die kontrollierten, gelisteten Güter oder anders: Diese technisch spezifischen Hightech-Güter sind nur eine Teilmenge einer Zolltarifposition. Ob also eine Ware mit einer bestimmten Zolltarifnummer erfasst ist, kann man so nicht entscheiden.

Prüfung anhand der Dual-Use-Güter-Liste unverzichtbar

Letztlich muss man in die Güterliste mit technischem Sachverstand schauen. Das Umschlüsselungsverzeichnis oder der EZT bieten aber immerhin Hinweise auf mögliche Güterlisten-Positionen und damit einen ersten Ansatz für den Blick in die Güterliste.
Der EZT ist tagesaktuell und bietet generell mehr Hinweise als das Umschlüsselungsverzeichnis, welches jährlich überarbeitet wird (zumeist im März mit erheblicher zeitlicher Verzögerung zur Aktualisierung der Güterlisten, die im Dezember davor erfolgt).
Ein Beispiel dafür, dass der Weg über die Zolltarifnummer gelegentlich kein korrektes Ergebnis liefert, sind Kugellager aus Keramik. Sie werden aufgrund des Materials im Zolltarif nicht in Kapitel 85, sondern in Kapitel 69, genauer in die HS-Position 6909 eingereiht. Wer nun in den EZT oder in das Umschlüsselungsverzeichnis schaut, wird keinen Hinweis auf die Güterlisten-Position 2A101 finden, in die Kugellager, auch aus Keramik, aufgrund der technischen Spezifikationen ggf. zu listen sind.
Das Beispiel belegt, dass Vorsicht geboten ist und letztlich der Blick in die Exportkontroll-Güterlisten zwingend notwendig ist. Die Hilfsmittel bieten bestenfalls einen Einstieg und sind im Übrigen rechtlich unverbindlich. In den Güterlisten gibt auch wichtige Anmerkungen wie z.B. die „Bestandteilregelung“. Nach dieser Reglung bleibt ein gelistetes Gut auch dann von den Güterlisten erfasst, wenn es eingebaut in ein nicht gelistetes Gut exportiert wird, vorausgesetzt, dass das Bestandteil ein Hauptelement des Ausfuhrgutes ist und leicht entfernt oder für andere Zwecke verwendet werden kann.
Sollte man bei einer eingehenden Prüfung und Diskussion im Unternehmen immer noch im Unklaren darüber sein, ob ein Gut gelistet ist, hat man die Möglichkeit bei der für die Exportkontrolle zuständigen Behörde BAFA eine sogenannte Auskunft zur Güterliste, AzG abgekürzt, zu beantragen.
Ist das Gut gelistet, ist eine Ausfuhrgenehmigung zu beantragen. Entscheidend ist nur die Übereinstimmung der technischen Parameter mit der Güterlisten-Beschreibung. Über eine tatsächliche kritische Verwendung braucht man sich weiter keine Gedanken machen. Ist das Gut nicht gelistet, muss man sich mit der tatsächlichen Verwendung näher beschäftigen.
Selbst wenn das Gut genehmigungspflichtig ist, kommt es nur in einem geringen einstelligen Prozentsatz bei den Exportvorhaben zu einem Ausfuhrverbot. Das mag den Exporteuer positiv stimmen, die administrative Hürde bleibt dem Exporteur aber nicht erspart.