Arbeitsrechtliche Auswirkungen des Corona-Virus

Auch nachdem sich mittlerweile die Erkrankungen in Deutschland erhöhen, wird die Pflicht der Arbeitnehmer zur Erbringung der Arbeitsleistung durch den Corona-Virus grundsätzlich nicht berührt.
Die Sorge oder eine Wahrscheinlichkeit der Ansteckung in Bus, Bahn oder auf dem Arbeitsplatz, lässt die Arbeitsverpflichtung nicht entfallen. Auf Grund der Fürsorgepflichten kann der Arbeitgeber in Einzelfällen allerdings verpflichtet sein, Mitarbeiter von der Arbeit freizustellen, z. B. wenn diese aus einem „Risiko-Gebiet“ zurückkehren, aber noch keine behördlichen Quarantäne-Maßnahmen verhängt wurden. In solchen Fällen bleibt es grundsätzlich bei der Vergütungspflicht des Arbeitgebers.

Neue Arbeitsschutzregel veröffentlicht

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat die neue SARS-Cov-2-Arbeitsschutzregel veröffentlicht. Darin werden Maßnahmen für alle Bereiche des Wirtschaftslebens vorgestellt, mit denen das Infektionsrisiko für die Beschäftigten gesenkt und auf einem niedrigen Niveau gehalten werden kann. Unternehmen, die sich an jeweils vorgeschlagenen technischen, organisatorischen und personenbezogenen Schutzmaßnahmen halten, verhalten sich grds. rechtssicher. Damit entsteht für die Unternehmen mehr Rechtssicherheit. Die Regel konkretisiert den SARS-Cov-2-Arbeitsschutzstandard aus April 2020.
Die vollständigen Arbeitsschutzstandards finden Sie zum Download auf der Webseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Quarantäne Fälle oder Tätigkeitsverbot

Wenn Mitarbeiter unter Quarantäne gestellt werden besteht in aller Regel keine Vergütungspflicht des Arbeitgebers, da der Mitarbeiter nicht arbeitsunfähig ist. Ausgenommen sind lediglich die Fälle, in denen die Mitarbeiter für eine verhältnismäßige nicht erhebliche Zeit (max. fünf Tage) an der Erbringung ihrer Arbeitsleistung verhindert sind. Dies gilt jedoch nur, soweit die vorübergehende Verhinderung gemäß § 616 BGB nicht abbedungen wurde. Für diese Fälle sieht das Infektionsschutzgesetz (IfSG) eine Entschädigungsleistung nach § 56 IfSG vor. Die betroffenen Mitarbeiter haben bis zur 6. Woche einen Entschädigungsanspruch in Höhe des Verdienstausfalles (Nettoentgelt) und ab der 7. Woche in Höhe des Krankengeldes. Die Entschädigungsleistung erbringt der Arbeitgeber, er kann sich diese aber auf Antrag vom zuständigen Gesundheitsamt erstatten lassen.
Die Zuständigkeit für entsprechende Anträge wurde hessenweit dem Regierungspräsidium Darmstadt übertragen. Über die offizielle Informationsseite des Infektionsschutzgesetz können die Anträge gestellt werden.
Ist der Mitarbeiter tatsächlich an dem Virus erkrankt, gelten die allgemeinen Regelungen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

Entschädigung nach Infektionsschutzgesetz für Betriebsschließungen

Fraglich ist, ob durch die behördlichen Maßnahmen der Betriebsschließungen den Unternehmen ggf. Entschädigungsansprüche, z. B. nach dem Infektionsschutzgesetz zustehen. Neben dem oben erwähnten § 56 IfSG enthält das Gesetz eine weitere Entschädigungsregelung in § 65 für behördliche Maßnahmen. Danach kommt ggf. ein Entschädigungsanspruch bei Maßnahmen zur Verhütung übertragbarer Krankheiten in Betracht. Dies sind Maßnahmen nach den §§ 16 und 17 des IfSG. Da es sich bei der aktuell geltenden Verordnung der Landesregierung allerdings um Maßnahmen zur Bekämpfung des Corona-Virus handelt, und somit wohl nicht um Maßnahmen nach den §§ 16 und 17 des IfSG, dürfte auch ein dahingehender Entschädigungsanspruch ausscheiden. Wir führen zurzeit Gespräche mit Ministerien, um hier Klarheit zu bekommen.

Entschädigung nach Infektionsschutzgesetz für Eltern bei einer Schul- oder Kitaschließung

Soweit Arbeitgebern oder Selbständigen Verdienstausfälle, die Ihnen oder Ihren Arbeitnehmern wegen einer behördlich angeordneten Schul- oder Kitaschließung entstanden sind, können Sie grundsätzlich nach § 56 Abs. 1a IfSG eine Entschädigung beantragen. Voraussetzung ist eine Betreuungsbedürftigkeit der Kinder. Zusätzlich muss ein Verdienstausfall eingetreten sein. Ein solcher liegt in der Regel nicht vor, wenn ein sonstiger Anspruch auf Entgeltfortzahlung, z. B. nach § 616 BGB besteht oder Kurzarbeit angeordnet wurde.
Die Entschädigung wird erst für Zeiträume ab dem 30.03.2010 und nur in Höhe von 67 % des monatlichen Nettoeinkommens, maximal 2.016 Euro für den vollen Monat und 80 % der Sozialabgaben des Arbeitnehmers bzw. des selbständig Tätigen geleistet. Die Anträge können über die offizielle Informationsseite des Infektionsschutzgesetz eingereicht werden.

Home-Office

Soweit vertraglich (Arbeitsvertrag bzw. Tarifvertrag) oder kollektivrechtlich keine Regelungen hinsichtlich der Arbeit von zuhause getroffen wurden, besteht für Mitarbeiter kein allgemeiner Anspruch auf Home-Office. Auch in Zeiten von COVID-19 gilt dieser Grundsatz. Dennoch kann es sinnvoll sein – auch aus Gründen etwaiger Fürsorgepflichten – über die Möglichkeit oder die Anordnung der Arbeit von zuhause nachzudenken.
Aufgrund der neuen Corona-Arbeitsschutzverordnung (SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung), die am 27. Januar 2021 in Kraft getreten ist, besteht allerdings die Verpflichtung für den Arbeitgeber, den Beschäftigten im Falle von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Ein gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice für die Arbeitnehmer entsteht dadurch jedoch nicht, da es sich bei der Regelung um eine arbeitsschutzrechtliche Verpflichtung handelt. Die zwingende Nutzung von Homeoffice für die Beschäftigten resultiert hieraus ebenfalls nicht. Es muss nach der Begründung zur Corona-Arbeitsschutzverordnung neben den räumlichen und technischen Voraussetzungen in der Wohnung der Beschäftigten auch eine entsprechende Vereinbarung zum Homeoffice zwischen dem Arbeitgeber und den Beschäftigten geben. Eine solche Vereinbarung kann nach der Begründung zur Corona-Arbeitsschutzverordnung auch eine Betriebsvereinbarung sein.
Fraglich ist, wann zwingende betriebsbedingte Gründe vorliegen, die einer Verlagerung der Tätigkeiten ins Homeoffice entgegenstehen? Die Verordnung selbst regelt das nicht. Hier kommt es wohl neben dem jeweiligen Betrieb auch auf den jeweils konkreten Arbeitsplatz an. Viele Tätigkeiten, hier nennen die FAQs zur Corona-Arbeitsschutzverordnung beispielsweise Tätigkeiten in Produktion, Dienstleistung, Handel etc., lassen sich im Homeoffice nicht erbringen. Die Entscheidung über die Eignung bzw. über entgegenstehende Gründe trifft der Arbeitgeber.
Das Angebot und ggf. die Ablehnung des Mitarbeiters sollten die Unternehmen – für den Fall etwaiger Überprüfungen – dokumentieren. Die Begründung zur Corona-Arbeitsschutzverordnung weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Arbeitsschutzbehörden der Länder sowie die Unfallversicherungsträger die Einhaltung der Vorgaben kontrollieren. Nach § 22 des Arbeitsschutzgesetzes können die zuständigen Behörden vom Arbeitgeber die zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgabe erforderlichen Auskünfte und die Überlassung von entsprechenden Unterlagen verlangen. Nach § 22 Abs. 3 des Arbeitsschutzgesetzes können die Arbeitsschutzbehörden ggf. die Tätigkeit im Betrieb untersagen.
Die Verordnung ist zunächst befristet bis zum 15. März 2021

Ausnahmebewilligung zur Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen

Das Regierungspräsidium Darmstadt hat eine Ausnahmebewilligung für Sonn- und Feiertagsarbeit erlassen. Danach gilt das Sonn- und Feiertagsverbot für einzelne Tätigkeiten nicht mehr. Auch eine Verlängerung der täglichen Höchstarbeitszeit auf maximal 12 Stunden pro Tag wurde wurde für einzelne Tätigkeiten beschlossen.
Die Allgemeinverfügung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft und gilt bis zum 30. Juni 2020.
Die vollständige Ausnahmebewilligung für die einzelnen Tätigkeiten finden Sie hier: Ausnahmebewilligung zur Beschäftigung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern

Kurzarbeit

Die Einführung von Kurzarbeit und die Beantragung von Kurzarbeitergeld ist eine weitere Möglichkeit, um die Auswirkungen und Folgen teilweise aufzufangen. Bleiben z. B. Lieferungen aus und muss dadurch die Arbeitszeit der Mitarbeiter verringert werden, kann die Beantragung von Kurzarbeitergeld eine Möglichkeit darstellen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass grds. alle milderen Mittel, z. B. Überstundenabbau bereits erfolgten. Kurzarbeit kann der Arbeitgeber allerdings nicht einseitig im Wege seines Direktionsrechts anordnen. Hierzu bedarf es einer besonderen rechtlichen Grundlage, z. B. einer Regelung im Arbeitsvertrag oder einzelvertragliche Vereinbarungen mit den betroffenen Mitarbeitern. Kurzarbeitergeld kann grundsätzlich von Beginn des Arbeitsausfalls an gewährt werden, allerdings auf den Kalendermonat beschränkt, in dem der Arbeitsausfall der Agentur für Arbeit angezeigt wurde. D.h., spätestens am letzten eines Monats muss die schriftliche Anzeige der Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit eingegangen sein, damit für diesen Monat auch eine Abrechnung der Kurzarbeit erfolgen kann. Auch für länger zurückliegende Arbeitsausfälle kann die Zahlung von Kurzarbeitergeld in Betracht kommen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Anzeige unverzüglich nach dem Ereignis (Arbeitsausfall) erstattet wird. Erkennt die Bundesagentur die Kurzarbeit an, ersetzt sie den betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 67 Prozent bzw. 60 Prozent (bei Kinderlosen) des pauschalierten Nettoentgeltausfalls. Entsprechende Tabellen zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes finden Sie auf den Seiten der Agentur für Arbeit.
Mit dem Gesetz zur Erleichterung der Kurzarbeit, der Kurzarbeitergeldverlängerungsverordnung und dem Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 hat der Gesetzgeber Sonderregelungen zum Kurzarbeitergeld beschlossen. Die Wesentlichen Erleichterungen und Allgemeines zum Thema Kurzarbeitergeld finden Sie hier.
Weitere Informationen hierzu und das Formular über die Anzeige des Arbeitsausfalls finden Sie auf den Seiten der Agentur für Arbeit.

Stundung der Sozialversicherungsbeiträge

Unternehmen, die aufgrund der Corona-Krise in Schwierigkeiten geraten sind, können laut Mitteilung des GKV-Spitzenverbandes noch bis zum 27. März eine Stundung der Sozialversicherungsbeiträge bei der zuständigen Krankenkasse beantragen. Ggf. kann der Antrag auch noch zu einem späteren Zeitpunkt gestellt werden. Über den Antrag entscheidet die zuständige Krankenkasse nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Stundung bezieht sich dann auf die Monate März und April. Ein Antrag ist formlos möglich. Eine Sicherheitsleistung ist hierfür nicht erforderlich. Auch von der Erhebung von Säumniszuschlägen soll abgesehen werden. Dies geht aus einem Rundschreiben des GKV-Spitzenverbandes vom 24. März hervor.

Musterantrag:

per Fax:
Ort, den

Stundung von Sozialabgaben Mitteilung des GKV vom 24.03.2020 Arbeitgeber-Nr. _______________

Sehr geehrte Damen und Herren, unser Betrieb ist bei Ihrer Krankenkasse unter der Betriebsnummer ____________ erfasst. Aufgrund der durch die Corona – Krise verursachten wirtschaftlichen Verwerfungen leiden wir unter erheblichen Einnahmeausfällen und sind leider nicht in der Lage, die Sozialversicherungsbeiträge fristgerecht zu begleichen. Wir beantragen daher die Stundung und Aussetzung der Vollziehung der Beiträge gemäß § 76 SGB IV für März und April 2020 bis auf Weiteres. Bitte nehmen Sie keine fälligen Lastschriften vor (Beendigung des SEPA-Mandats). Zudem ersuche ich Sie, wie von der Bundesregierung vorgesehen, von der Erhebung von Zinsen und Säumniszuschlägen abzusehen.

Mit freundlichen Grüßen