Erstes ICSID-Verfahren im Frankfurt International Arbitration Center
Am 25. Mai 2006 tagte zum ersten Mal ein ICSID-Schiedsgericht in der IHK Frankfurt. Das bei der Weltbank angesiedelte International Centre for the Settlement of Investment Disputes (ICSID) ist die weltweit führende Schiedsgerichtsorganisation zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Staaten und ausländischen Investoren. Das ICSID bietet Mitgliedsstaaten und privaten Investoren, die aus ICSID-Mitgliedsstaaten kommen, die Möglichkeit, Streitigkeiten aus internationalen Investitionsprojekten im Wege eines Schlichtungs- oder Schiedsverfahrens beizulegen.
In dem in Frankfurt verhandelten Fall ging es um die Verteilung des Erlöses aus dem Verkauf von 18 Tonnen wertvollem antiken chinesischen Porzellan. Dieses wurde von einem englischen Unternehmer aus dem im Jahr 1817 in der Straße von Malakka gesunkenen Dreimaster Diana in aufwändigen Tauchgängen geborgen. Der Großteil des Porzellans wurde 1995 im Auktionshaus Christies für 3,4 Millionen US-Dollar versteigert.
Vor dem ICSID-Schiedsgericht verhandelten die Parteien zunächst darüber, ob der englische Schatzsucher sich auf ein bilaterales Investitionsschutzabkommen berufen kann und damit die ICSID-Schiedsgerichtsbarkeit überhaupt zu einer Entscheidung dieses Rechtsstreites die erforderliche Kompetenz hat. Ob ICSID in diesem Verfahren zuständig ist, wurde durch den Schiedsrichter in der Verhandlung am 25. Mai noch nicht entschieden. Die Zuständigkeit von ICSID kann sich aus den über 2 000 weltweit abgeschlossenen Investitionsschutzabkommen, aus nationaler Gesetzgebung und aus Investitionsverträgen ergeben. Die Besonderheit des in Frankfurt verhandelten Falles liegt auch darin, dass erstmalig in der Geschichte von ICSID die Parteien ihre Schriftsätze auf den Internetseiten der ICSID veröffentlicht haben, weil die Verfahren grundsätzlich vertraulich und unter Ausschluss der Öffentlichkeit behandelt werden.
Nachtrag:
Der Einzelschiedsrichter hat mit Urteil vom 17.5.2007 (Award (May 17, 2007)) die Zuständigkeit des ICSID-Schiedsgerichts für dieses Verfahren abgelehnt. Er verneinte in dem Fall, dass eine Investition im Sinne von Art. 25 der ICSID-Konvention vorgelegen habe. Bergungsarbeiten seien keine "significant contribution" zur wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes.
ICSID-Verfahren in Frankfurt:
Die Durchführung solcher Verfahren in Frankfurt wurde ermöglicht durch ein 2005 mit der ICSID abgeschlossenes Abkommen. Es erkennt das Frankfurt International Arbitration Center (FIAC) als Ort für die Durchführung von ICSID-Schiedsgerichtsverfahren offiziell an. Damit wurde Frankfurt als dritter kontinentaleuropäischer Austragungsort nach Paris und Den Haag akzeptiert. Frankfurt bietet neben den Vorteilen des modernen, auf anerkanntem internationalen Standard beruhenden deutschen Schiedsverfahrensrecht auch erhebliche praktische Vorteile: eine moderne und effiziente Infrastruktur sowie leichte Erreichbarkeit für alle Beteiligten.
Das FIAC wurde im Herbst 2005 von der IHK Frankfurt und der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS) ins Leben gerufen, um neben dem Tagungsangebot für nationale und internationale Verfahren der Wirtschaft die Vorteile und Möglichkeiten der außergerichtlichen Streitbeilegung näher zu bringen. Dies geschieht durch Vermittlung fachlicher Informationen über Veranstaltungen, Beratungen der Wirtschaft und Veröffentlichungen im Internet. Die außergerichtliche Streitbeilegung, wozu auch Mediation und Schlichtung zählen, ist in der Vergangenheit immer populärer geworden, nicht nur auf internationaler Ebene und nicht nur für große Unternehmen.
Neben der Möglichkeit, Konflikte auf dem klassischen Weg der Klage bei einem ordentlichen Gericht zu lösen, lohnt es sich, über Alternativen nachzudenken. Vorteile gegenüber dem normalen Gerichtsverfahren ergeben sich dadurch, dass die frei gewählte Schiedsperson nicht nur entsprechende Sachkunde mit sich bringt, sondern auch das Vertrauen beider Parteien genießt. Das Verfahren findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt und ist wesentlich flexibler. Da die Vielzahl der Instanzen wegfällt, kann es kostengünstiger und vor allem schneller abgewickelt werden. Ein weiterer Vorteil der außergerichtlichen Streitbeilegung liegt darin, dass diese aufgrund ihrer Flexibilität zu einer ausgewogenen interessengerechten Lösung kommen kann, die die Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen ermöglicht.