Rechtsgrundlagen für die Einigungsstelle

Das Land Hessen hat gem. § 15 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)  durch die Verordnung über Einigungsstellen zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten vom 13.02.1959 bei der IHK Frankfurt am Main eine Einigungs­stelle errichtet.

Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
§ 15 Einigungsstellen


(1) Die Landesregierungen errichten bei Industrie- und Handelskammern Einigungsstellen zur Beilegung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird (Einigungsstellen).
(2) Die Einigungsstellen sind mit einer vorsitzenden Person, die die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz hat, und beisitzenden Personen zu besetzen. Als beisitzende Personen werden im Falle einer Anrufung durch eine nach § 8 Absatz 3 Nummer 3 zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruchs berechtigte qualifizierte Einrichtung Unternehmer und Verbraucher in gleicher Anzahl tätig, sonst mindestens zwei sachverständige Unternehmer. Die vorsitzende Person soll auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts erfahren sein. Die beisitzenden Personen werden von der vorsitzenden Person für den jeweiligen Streitfall aus einer alljährlich für das Kalenderjahr aufzustellenden Liste berufen. Die Berufung soll im Einvernehmen mit den Parteien erfolgen. Für die Ausschließung und Ablehnung von Mitgliedern der Einigungsstelle sind die §§ 41 bis 43 und § 44 Absatz 2 bis 4 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden. Über das Ablehnungsgesuch entscheidet das für den Sitz der Einigungsstelle zuständige Landgericht (Kammer für Handelssachen oder, falls es an einer solchen fehlt, Zivilkammer).
(3) Die Einigungsstellen können bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, angerufen werden, wenn der Gegner zustimmt. Soweit die geschäftlichen Handlungen Verbraucher betreffen, können die Einigungsstellen von jeder Partei zu einer Aussprache mit dem Gegner über den Streitfall angerufen werden; einer Zustimmung des Gegners bedarf es nicht.
(4) Für die Zuständigkeit der Einigungsstellen ist § 14 entsprechend anzuwenden.
(5) Die der Einigungsstelle vorsitzende Person kann das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen. Gegen eine unentschuldigt ausbleibende Partei kann die Einigungsstelle ein Ordnungsgeld festsetzen. Gegen die Anordnung des persönlichen Erscheinens und gegen die Festsetzung des Ordnungsgeldes findet die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung an das für den Sitz der Einigungsstelle zuständige Landgericht (Kammer für Handelssachen oder, falls es an einer solchen fehlt, Zivilkammer) statt.
(6) Die Einigungsstelle hat einen gütlichen Ausgleich anzustreben. Sie kann den Parteien einen schriftlichen, mit Gründen versehenen Einigungsvorschlag machen. Der Einigungsvorschlag und seine Begründung dürfen nur mit Zustimmung der Parteien veröffentlicht werden.
(7) Kommt ein Vergleich zustande, so muss er in einem besonderen Schriftstück niedergelegt und unter Angabe des Tages seines Zustandekommens von den Mitgliedern der Einigungsstelle, welche in der Verhandlung mitgewirkt haben, sowie von den Parteien unterschrieben werden. Aus einem vor der Einigungsstelle geschlossenen Vergleich findet die Zwangsvollstreckung statt; § 797a der Zivilprozessordnung ist entsprechend anzuwenden.
(8) Die Einigungsstelle kann, wenn sie den geltend gemachten Anspruch von vornherein für unbegründet oder sich selbst für unzuständig erachtet, die Einleitung von Einigungsverhandlungen ablehnen.
(9) Durch die Anrufung der Einigungsstelle wird die Verjährung in gleicher Weise wie durch Klageerhebung gehemmt. Kommt ein Vergleich nicht zustande, so ist der Zeitpunkt, zu dem das Verfahren beendet ist, von der Einigungsstelle festzustellen. Die vorsitzende Person hat dies den Parteien mitzuteilen.
(10) Ist ein Rechtsstreit der in Absatz 3 Satz 2 bezeichneten Art ohne vorherige Anrufung der Einigungsstelle anhängig gemacht worden, so kann das Gericht auf Antrag den Parteien unter Anberaumung eines neuen Termins aufgeben, vor diesem Termin die Einigungsstelle zur Herbeiführung eines gütlichen Ausgleichs anzurufen. In dem Verfahren über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist diese Anordnung nur zulässig, wenn der Gegner zustimmt. Absatz 8 ist nicht anzuwenden. Ist ein Verfahren vor der Einigungsstelle anhängig, so ist eine erst nach Anrufung der Einigungsstelle erhobene Klage des Antragsgegners auf Feststellung, dass der geltend gemachte Anspruch nicht bestehe, nicht zulässig.
(11) Die Landesregierungen werden ermächtigt, durch Rechtsverordnung die zur Durchführung der vorstehenden Bestimmungen und zur Regelung des Verfahrens vor den Einigungsstellen erforderlichen Vorschriften zu erlassen, insbesondere über die Aufsicht über die Einigungsstellen, über ihre Besetzung unter angemessener Beteiligung der nicht den Industrie- und Handelskammern angehörenden Unternehmern (§ 2 Absatz 2 bis 6 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 701-1, veröffentlichten bereinigten Fassung) und über die Vollstreckung von Ordnungsgeldern sowie Bestimmungen über die Erhebung von Auslagen durch die Einigungsstelle zu treffen. Bei der Besetzung der Einigungsstellen sind die Vorschläge der für ein Bundesland errichteten, mit öffentlichen Mitteln geförderten Verbraucherzentralen zur Bestimmung der in Absatz 2 Satz 2 genannten Verbraucher zu berücksichtigen.
(12) Abweichend von Absatz 2 Satz 1 kann in den Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen die Einigungsstelle auch mit einem Rechtskundigen als Vorsitzendem besetzt werden, der die Befähigung zum Berufsrichter nach dem Recht der Deutschen Demokratischen Republik erworben hat.

Verordnung über Einigungsstellen zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten 
(Verordnung über Einigungsstellen)

Vom 13. Februar 1959
Stand:    letzte berücksichtigte Änderung: zuletzt geändert durch Verordnung vom 18. September 2023 (GVBl. S. 671)
I. Errichtung und Geschäftsführung; Aufsicht
§ 1 Errichtung und Geschäftsführung
(1) Einigungsstellen zur Beilegung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in denen ein Anspruch auf Grund des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb geltend gemacht wird (§ 15 Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb), werden bei den Industrie- und Handelskammern für deren Bezirke errichtet. Mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde nach § 2 können Industrie- und Handelskammern die Aufgaben der in ihrem Bezirk errichteten Einigungsstelle auf eine andere Einigungsstelle übertragen (gemeinsame Einigungsstelle).
(2) Die Industrie- und Handelskammer, in deren Bezirk die Einigungsstelle errichtet ist, führt die Geschäfte der Einigungsstelle. Die Geschäfte einer gemeinsamen Einigungsstelle führt die Industrie- und Handelskammer, in deren Bezirk die gemeinsame Einigungsstelle besteht.
§ 2 Aufsicht
Die Aufsicht über die Einigungsstellen übt der für die Wirtschaft zuständige Minister (Aufsichtsbehörde) aus. Die Aufsicht bezieht sich auch auf die gemeinsame Einigungsstelle nach § 1 Abs. 1 Satz 2.
II. Organisation
§ 3 Vorsitzender
(1) Die Industrie- und Handelskammer ernennt den Vorsitzenden und mindestens einen Stellvertreter auf die Dauer von zwei Jahren. Vor der Ernennung sind die Handwerkskammern, deren Bezirke ganz oder teilweise zu dem Bezirk der Einigungsstellen gehören (beteiligte Kammern), und die Verbraucherzentrale Hessen e.V. zu hören.
(2) Die Industrie- und Handelskammer hat die Ernennung zu widerrufen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt.
§ 4 Beisitzer
Soweit die Einigungsstelle mit Unternehmern als Beisitzer zu besetzen ist, sollen diese im Bezirk der Einigungsstelle tätig sein. Soweit die Einigungsstelle mit Verbrauchern als Beisitzer zu besetzen ist, sollen diese in der Verbraucherarbeit besonders erfahren sein.
(2) Die Industrie- und Handelskammer hat im Benehmen mit den beteiligten Kammern die Liste der Beisitzer rechtzeitig für das Kalenderjahr aufzustellen; sie hat dabei Vorschläge der ihr nicht angehörenden Unternehmer des Bezirks der Einigungsstelle angemessen zu berücksichtigen. Bei der Besetzung mit Verbrauchern sind die Vorschläge der Verbraucherzentrale Hessen e.V. zu berücksichtigen. Die Liste der Beisitzer ist im Mitteilungsblatt oder in sonst geeigneter Weise bekanntzumachen.
III. Verfahren
§ 5 Anträge
(1) Anträge sind schriftlich einzureichen. Sie sollen eine Begründung enthalten und die Beweismittel bezeichnen. Beweisstücke und die für die Mitteilung an den Gegner erforderliche Zahl von Abschriften sollen beigefügt werden.
(2) Die Einleitung oder Fortführung von Einigungsverhandlungen kann von der Leistung eines angemessenen Kostenvorschusses abhängig gemacht werden.
§ 6 Einigungsverhandlung
(1) Die Verhandlung ist nicht öffentlich; der Vorsitzende kann bei Vorliegen eines berechtigten Interesses Dritten die Anwesenheit gestatten. § 128 Abs. 1 und § 136 der Zivilprozeßordnung gelten sinngemäß.
(2) Die Einigungsstelle kann Zeugen und Sachverständige anhören, die freiwillig vor ihr erscheinen. Die Beeidigung von Zeugen oder Sachverständigen oder einer Partei ist nicht zulässig.
§ 7 Ladungsfrist
Zur mündlichen Verhandlung werden die Parteien von dem Vorsitzenden geladen. Die Ladungsfrist beträgt drei Tage; sie kann von dem Vorsitzenden abgekürzt oder verlängert werden.
§ 8 Persönliches Erscheinen
(1) Ordnet der Vorsitzende das persönliche Erscheinen der Parteien an, so ist die Ladung der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Vertreter bestellt hat. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.
(2) Ordnungsgelder nach § 15 Abs. 5 Satz 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb werden wie Beiträge der Industrie- und Handelskammer eingezogen und beigetrieben. Die eingehenden Beträge verbleiben der Industrie- und Handelskammer.
§ 9 Abstimmung
(1) Die Beschlüsse der Einigungsstelle werden mit Stimmenmehrheit gefaßt; bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(2) Die Mitglieder der Einigungsstelle sind verpflichtet, über den Hergang bei der Beratung und Abstimmung Stillschweigen zu bewahren.
§ 10 Niederschrift
(1) Über jede Verhandlung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie soll Ort und Tag der Verhandlung, die Bezeichnung der Beteiligten und der bei der Verhandlung mitwirkenden Personen sowie das Ergebnis der Verhandlung enthalten. Zu den Verhandlungen kann ein Schriftführer zugezogen werden.
(2) Die Verhandlungsniederschrift ist vom Vorsitzenden und, sofern ein Schriftführer zugezogen worden ist, auch von diesem zu unterzeichnen.
IV. Vergütung und Entschädigung; Kosten des Verfahrens
§ 11 Vergütung und Entschädigung
(1) Die Industrie- und Handelskammer kann dem Vorsitzenden der Einigungsstelle und dem Stellvertreter eine Vergütung für seine Tätigkeit gewähren. Die Beisitzer erhalten auf Antrag Ersatz ihrer notwendigen Auslagen für Fahrt, Unterkunft und Verpflegung.
(2) Zeugen und Sachverständige, die mit Zustimmung der Einigungsstelle erschienen oder angehört worden sind, erhalten von der Industrie- und Handelskammer auf Antrag eine Entschädigung wie die Beisitzer. Zeugen erhalten außerdem auf Antrag eine angemessene Entschädigung für Verdienstausfall, Sachverständige eine Entschädigung nach § 8 Abs. 2 und § 9 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Anlage 1 des Justizvergütungs- und entschädigungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl. I S. 718, 776), zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juni 2021 (BGBl. I S. 2154).
§ 12 Kosten des Verfahrens
(1) Für das Verfahren vor der Einigungsstelle werden Gebühren nicht erhoben.
(2) Die nach § 11 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 entstandenen Auslagen sind der Industrie- und Handelskammer zu ersetzen; sie werden von dem Vorsitzenden festgestellt.
(3) Die Einigungsstelle hat eine gütliche Einigung der Parteien über die durch das Verfahren entstandenen Kosten anzustreben, dies gilt auch dann, wenn eine Einigung in der Sache selbst nicht zustande kommt.
(4) Kommt eine Einigung über die Kosten nicht zustande, entscheidet die Einigungsstelle über die Verteilung der nach Abs. 2 festgestellten Kosten nach billigem Ermessen; im übrigen trägt jede Partei die ihr entstandenen Kosten.
(5) Gegen die Feststellung nach Abs. 2 und gegen eine Entscheidung nach Abs. 4 findet die sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung an das für den Sitz der Einigungsstelle zuständige Landgericht statt.
(6) Für die Beitreibung der festgestellten Kosten gilt der § 8 Abs. 2 Satz 1.
V. Schlußbestimmungen
§ 13 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2033 außer Kraft.