Gewährleistungsansprüche beim Kaufvertrag

Der Kauf ist wohl das wichtigste Umsatzgeschäft, bei dem Gegenstände gegen Geld ausgetauscht werden. Der Verkäufer hat nach dem Vertrag die Pflicht, dem Käufer eine Sache zu verschaffen, also zu übergeben und zu übereignen. Beanstandet der Käufer an dem betreffenden Gegenstand einen Mangel, stellt sich für die Vertragspartner die Frage nach möglichen gesetzlichen Gewährleistungsansprüchen.
Im Zusammenhang mit vertraglichen Mängelgewährleistungsansprüchen fällt oft auch das Stichwort "Produkthaftung". Darunter definiert das Gesetz allerdings einen anderen Anspruch aus einem anderen Rechtsverhältnis: nämlich zwischen Hersteller und Endkunden. Neben Gewährleistungsansprüchen gegen den eigentlichen Vertragspartner (= Verkäufer) können in bestimmten Fällen noch Ansprüche gegen den Hersteller nach einem besonderen Gesetz, dem Produkthaftungsgesetz, treten.
Häufig wird behauptet, der Verkäufer müsse die Ware innerhalb eines bestimmten Zeitraums auch bei bloßem Nichtgefallen zurücknehmen. Dies trifft jedoch nur dann zu, wenn der Verkäufer die Rücknahme für diesen Fall zugesagt hat oder das Gesetz dem Kunden ausnahmsweise ein Widerrufsrecht einräumt (beispielsweise bei besonderen Vertriebsformen wie Haustürgeschäften oder Fernabsatzverträgen, also Bestellungen per Telefon, Internet oder ähnlichem).


Wann liegt ein rechtlich relevanter Mangel vor

Die gesetzliche Gewährleistung jedenfalls greift nur ein, wenn die Sache mit einem Mangel behaftet ist. Ein Sachmangel liegt vor, wenn die Sache nicht den subjektiven Anforderungen, den objektiven Anforderungen und den Montageanforderungen entspricht.
Nicht den subjektiven Anforderungen entspricht eine Sache, wenn der tatsächliche Zustand der Ware von dem Zustand abweicht, den die Parteien bei Abschluss des Kaufvertrages vereinbart haben (Abweichung der Soll-Beschaffenheit von der Ist-Beschaffenheit), sich die Sache nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und, sie nicht mit dem vereinbarten Zubehör und den vereinbarten Anleitungen übergeben wird.
Nicht den objektiven Anforderungen entspricht die Sache, wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet, sie oder nicht die übliche Beschaffenheit aufweist, sie nicht mit der Beschaffenheit einer zuvor vom Verkäufer zur Verfügung gestellten Probe oder Muster entspricht und sie nicht mit Zubehör oder Anleitungen übergeben wird, deren Erhalt der Käufer erwarten kann.
Mängel sind, wenn nichts vereinbart wurde, beispielsweise technische Defekte oder die Eigenschaft als Unfallfahrzeug bei einem ohne entsprechenden Hinweis verkauften Gebrauchtwagen. War beiden Seiten klar, dass die Sache funktionsuntüchtig ist, so stellt dies hingegen keinen Mangel dar.
Zu der maßgeblichen Beschaffenheit zählen auch Eigenschaften, die der Kunde nach öffentlichen Werbeaussagen erwarten durfte. Wird also eine Jacke als „extrem wettertauglich“ angepriesen, so muss sie tatsächlich eine besonders hohe Wetterfestigkeit aufweisen. Der Verkäufer hat hiernach grundsätzlich auch dafür zu haften, dass die Kaufsache jene Eigenschaften hat, die der Käufer nach öffentlichen Äußerungen des Verkäufers oder des Herstellers bzw. dessen Gehilfen in der Werbung oder bei der Waren-Kennzeichnung erwarten kann.
Dies gilt nur in wenigen Ausnahmefällen nicht, etwa dann, wenn der Verkäufer die Äußerung weder kannte noch kennen musste oder wenn sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte. Die Beweislast hierfür liegt jeweils beim Verkäufer.
Ein Sachmangel liegt auch dann vor, wenn die vereinbarte Montage durch den Verkäufer oder seine Gehilfen unsachgemäß durchgeführt wird oder die Montageanleitung fehlerhaft ist.
Beispiel:
Der Käufer kauft im Möbelhaus einen Kleiderschrank, der aus zahlreichen Einzelteilen besteht, die gemäß einer beiliegenden Montageanleitung zusammengesetzt werden müssen. Der Schrank selbst ist einwandfrei, allerdings hat man den Text der Anleitung aus dem Original so schlecht übersetzt, dass der Käufer, der sich exakt daran hält, den Schrank völlig verkehrt aufbaut. Der Käufer ruft im Möbelhaus an und verlangt die Nachlieferung einer fehlerfreien Montageanleitung sowie den Rückabbau des Schrankes.
Nach § 439 Abs. 1 BGB kann der Käufer entweder die Nachlieferung einer neuen Sache oder zumindest einer mangelfreien Montageanleitung verlangen. Erfüllungsort des Nacherfüllungsanspruchs ist der Ort, an welchem sich die Kaufsache befindet. Im Rahmen der Nachlieferung einer Montageanleitung ist auch die Abbaupflicht des Schrankes Inhalt der Nachbesserungspflicht gem. § 439 Abs. 1 Var. 1 BGB.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Sache durch den Montagefehler in ihrer Beschaffenheit beeinträchtigt wird. Die Gewährleistung erfasst beispielsweise auch den Fall, dass der Verkäufer einzeln verkaufte Hängeschränke in einer Küche unsachgemäß anbringt, obwohl die Schränke als solche ohne weiteres genutzt werden könnten.
Mit § 434 Abs. 2 S. 2 und Abs. 5 BGB werden die Falsch- und die Zuweniglieferung ausdrücklich einem Sachmangel gleichgestellt.


Welche Rolle spielt der so genannte Gefahrenübergang

Ein Mangel kann nur berücksichtigt werden, wenn er bereits im Zeitpunkt des so genannten Gefahrenübergangs vorlag. Dies ist in der Regel der Zeitpunkt, zu dem die Sache an den Käufer übergeben wird. Es reicht aus, wenn der Mangel bei Gefahrenübergang bereits begründet ist, aber erst später erkennbar wird (Bsp.: eine Schuhsohle ist von Anfang an schlecht verklebt und reißt nach einiger Zeit ab). Besonderheiten gelten beim Versendungskauf, wenn also die Sache auf Wunsch des Käufers an einen anderen Ort als den Erfüllungsort verschickt wird.
Eine Besonderheit besteht, wenn die Sache von einem Endverbraucher erworben wurde, der sie nicht für eine gewerbliche oder selbständige Tätigkeit nutzt. Tritt der Mangel innerhalb eines Jahres (bzw. bei Kauf eines lebenden Tieres innerhalb von sechs Monaten) nach Gefahrenübergang auf , wird in solchen Konstellationen in der Regel vermutet, dass er bereits bei Gefahrenübergang vorlag. Der Verkäufer hat allerdings das Recht, diese Vermutung , soweit möglich zu widerlegen. Die Vermutung ist außerdem ausgeschlossen, wenn sie mit der Art der Sache oder des Mangels unvereinbar ist, wie zum Beispiel bei verderblichen Waren. Die Vermutung ist nicht ausgeschlossen, wenn der Defekt typischerweise jederzeit eintreten kann, sondern nur, wenn ein Mangel derart erkennbar ist, dass er auch dem fachlich nicht versierten Käufer bei der Übergabe hätte auffallen müssen.


Rechte bei Lieferung einer mangelhaften Kaufsache 

Bei mangelhafter Lieferung hat der Käufer primär einen Anspruch auf so genannte Nachlieferung bzw. Nacherfüllung hat. Er kann also zunächst Nachbesserung der fehlerhaften Sache oder Ersatzlieferung einer neuen Sache verlangen.
 
Nacherfüllung
Der Anspruch des Käufers auf Nacherfüllung setzt nicht voraus, dass der Verkäufer die Mangelhaftigkeit der Kaufsache zu vertreten hat. Erforderlich ist (neben dem Abschluss eines wirksamen Kaufvertrages) lediglich die Lieferung einer beim Gefahrenübergang mangelhaften Sache.
Erst wenn die Nacherfüllung scheitert, weil sie unmöglich bzw. unverhältnismäßig ist oder wenn eine dem Verkäufer gesetzte Frist erfolglos abläuft, kommen die Ansprüche auf Rücktritt, Minderung, Schadensersatz und Aufwendungsersatz in Betracht. Das Nacherfüllungsverlangen des Gläubigers hat keine rechtsgestaltende Wirkung, d.h. er kann auch nach Ablauf der Nacherfüllungsfrist noch zwischen allen Gewährleistungsrechten wählen. Diesen Schwebezustand kann der Schuldner auch nicht durch eine Fristsetzung beenden.
 
Rücktritt
Rücktritt bedeutet die Rückgängigmachung des Kaufvertrages, Ware und Geld werden also jeweils an die andere Partei zurückgegeben. Der Verkäufer hat dem Käufer auch die Vertragskosten zu ersetzen, z. B. Montage-, Transport- oder Untersuchungskosten. Nicht unter die Vertragskosten fallen die Kosten der Rückabwicklung wie etwa Rechtsanwalts- oder Gutachterkosten.
 
Aus- und Einbaukosten
 
Hat der Käufer - egal ob er Verbraucher oder Unternehmer ist- die mangelhafte Sache gemäß ihrer Art und ihres Verwendungszwecks in eine andere Sache eingebaut oder an eine andere Sache angebracht, so kann er auch diejenigen Aufwendungen ersetzt verlangen, die für das Entfernen der mangelhaften und den Einbau oder das Anbringen der mangelfreien Sacher erforderlich waren, § 439 Abs. 3 BGB. Der Verkäufer hat selbst kein Wahlrecht, ob er selbst den Ein- und Ausbau vornimmt bzw. organisieren will oder den Ersatz zahlt
 
Minderung
Die Minderung, d.h. die Herabsetzung des Kaufpreises, ist weiterhin ein besonderes Institut der kaufrechtlichen Mängelhaftung. Die Berechnung erfolgt nach der Formel: geminderter Preis = (wirklicher Wert x vereinbarter Preis) : Wert ohne Mangel.
Ein wesentlicher Unterschied zum Rücktritt ist zu beachten: Während bei bloß unerheblichen Mängeln kein Rücktrittsrecht besteht, kann der Käufer - wenn die sonstigen Voraussetzungen des Rücktritts vorliegen - auch bei unerheblichen Mängeln mindern.

Der Schadensersatz kann etwa in folgenden wichtigen Fällen verlangt werden:
1. Ersatz des Mangelschadens, der an der Sache selbst entsteht (z. B. Reparaturkosten oder Vermögensschäden im unmittelbaren Zusammenhang mit der Sache);
2. Schadensersatz wegen Mangelfolgeschäden, die an anderen Rechtsgütern eintreten (z. B. verdorbene Speisen in einer defekten Gefriertruhe; die vom Verkäufer gelieferte Waschmaschine zerstört bei der Benutzung Kleidungsstücke des Käufers).
Im zweitgenannten Fall ist eine Fristsetzung zur Nacherfüllung ausnahmsweise nicht erforderlich, d. h. der Anspruch kann unmittelbar geltend gemacht werden.


Ausschluss von Gewährleistungsansprüchen trotz eines Mangels

Die Gewährleistung entfällt nach dem Gesetz, wenn der Kunde den Fehler bei Abschluss des Vertrages kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, während der Verkäufer den Mangel arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat.


Verjährung von Gewährleistungsansprüchen

Die regelmäßige Gewährleistungsfrist beträgt zwei Jahre. Die Verjährung von Mängelansprüchen bei beweglichen Sachen beginnt mit der Ablieferung. Bei Grundstücken (wie auch bei Bauwerken) beginnt sie mit der Übergabe (Frist aber 5 Jahre).
Dies bedeutet jedoch wie bereits erwähnt nicht, dass die Sache eine entsprechende Haltbarkeit aufweisen muss. Der Verkäufer hat nur für Fehler einzustehen, die bereits bei der Ablieferung vorlagen. Entsprechende Mängel kann der Kunde innerhalb von zwei Jahren geltend machen. Der Baustoffhandel haftet davon abweichend in der Regel sogar fünf Jahre.
Was die Verjährung kaufvertraglicher Mängelansprüche angeht, ist § 476 Abs. 2 BGB zu beachten. Liegt ein Verbrauchsgüterkauf vor, so kann die Verjährung der Mängelansprüche vor Mitteilung eines Mangels an den Unternehmer nur begrenzt durch Rechtsgeschäft erleichtert werden: Es muss eine Verjährungsfrist ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn (Ablieferung der Kaufsache) von mindestens zwei Jahren, bei gebrauchten Sachen von mindestens einem Jahr verbleiben. Außerdem muss der Verbraucher vor Vertragsschluss von der Verkürzung der Verjährungsfrist eigens in Kenntnis gesetzt werden und die Verkürzung der Verjährungsfrist muss im Vertrag ausdrücklich und gesondert vereinbart werden. Ein tatsächlich ungebrauchter Gegenstand, wie zum Beispiel ein Pkw mit Tageszulassung, kann nicht als gebraucht verkauft werden. Schwierig ist die Abgrenzung bei Tieren. Jedenfalls junge Haustiere sind jedoch als neu anzusehen.
Somit kann bei Verträgen mit Endverbrauchern die Gewährleistungsfrist für neue Sachen weder durch allgemeine Geschäftsbedingungen noch durch individuelle Vereinbarungen verkürzt werden. Die Gewährleistung für gebrauchte Sachen hingegen können die Parteien auf ein Jahr beschränken.
Hinzu kommt, dass bei Verbrauchsgüterkäufen nach § 475e Abs. 3 BGB die Verjährung nicht vor dem Ablauf von vier Monaten nach dem Zeitpunkt eintritt, in dem sich der Mangel erstmals gezeigt hat. Das heißt, wenn sich ein Mangel erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist gezeigt hat, bleibt dem Verbraucher die Geltendmachung von diesem Zeitpunkt an jedenfalls vier Monate lang möglich, auch wenn inzwischen Verjährung eintreten würde.


Verjährung nach Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruchs

Gesetzlich nicht eindeutig geregelt aber praktisch sehr relevant sind die Auswirkungen der Geltendmachung der Nacherfüllung auf die Gewährleistungsfristen. Folgender Fall ist denkbar: Der Käufer hat z. B. nach einer Mängelrüge ein Jahr nach dem Kauf einer Neuware eine Neulieferung als Ersatz für die defekte Ware erhalten. Es stellt sich die Frage, ob mit der Neulieferung die Gewährleistungszeit von neuem beginnt.
 
Diese Frage ich umstritten. Einige Stimmen sehen in dem Eingehen des Verkäufers auf ein Nacherfüllungsbegehren des Käufers generell ein Anerkenntnis i. S. d. § 212 BGB, wenn der Verkäufer in dem Bewusstsein handelt, zur Nacherfüllung verpflichtet zu sein. Ein Anerkenntnis und ein damit verbundener Neubeginn der Gewährleistungsfrist liegen daher nicht vor, wenn der Verkäufer erkennbar nur aus Kulanz oder zur gütlichen Beilegung des Streits handelt.
 
Andere differenzieren danach, ob es sich bei der Nacherfüllung um eine Nachbesserung (z. B. Reparatur) oder um eine Nachlieferung (Neulieferung) handelt. Diese Differenzierung will auch grundsätzlich der BGH treffen, wobei es aber auf die Einzelfallbetrachtung ankomme, wie der 8. Senat in einer  Entscheidung ausführte (BGH 8. Zivilsenat, Urteil vom 5. Oktober 2005, Az: VIII ZR 16/05). Bei der Nachbesserung sei die Gewährleistungsfrist während der Dauer dieses Vorgangs grundsätzlich nur gehemmt, bei der Nachlieferung beginne die Verjährung hinsichtlich einer erneuten Nacherfüllung grundsätzlich von neuem zu laufen.


Rückgriff beim Lieferanten

Verbrauchsgüter werden im Geschäftsverkehr regelmäßig nicht direkt vom Hersteller verkauft, sondern durchlaufen eine mehrgliedrige Lieferkette. Sofern in einem solchen Fall der Käufer Rechte wegen eines Mangels der Kaufsache gegenüber dem Verkäufer geltend macht, kann der Verkäufer bei seinem Lieferanten Rückgriff nehmen. Ein Verschulden des Lieferanten ist nicht erforderlich. Der Lieferant muss dabei auch die Ein- und Ausbaukosten einer mangelhaften Sache ersetzen. 
 
Die Regressmöglichkeit besteht innerhalb der gesamten Lieferkette. 
 
Allerdings treffen jeden Unternehmer nach § 445a Abs. 4 BGB Rügepflichten nach § 377 HGB soweit ein gegenseitiger Handelskauf vorliegt. Danach sind Käufer verpflichtet, die erhaltene Ware unverzüglich nach Erhalt zu überprüfen und erkennbare Mängel gegenüber ihrem Lieferanten zu rügen. Zeigt sich ein Mangel erst später, so muss er unverzüglich nach Entdeckung gemeldet werden. Meldet ein Kunde einen Mangel, so sollte daher unverzüglich eine Mängelanzeige an den eigenen Lieferanten erfolgen. Kommt der Unternehmer dieser Obliegenheit nicht nach, gilt die Ware als genehmigt, so dass alle Ansprüche gegen den Lieferanten wegen dieses Mangels ausgeschlossen sind.
Für die Regressmöglichkeiten gilt eine eigenständige Verjährung, die von den Ansprüchen des Endkunden abhängig ist. Zwar beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist der Ansprüche zwei Jahre, der Regressanspruch verjährt jedoch frühestens zwei Monate nachdem der Verkäufer den Anspruch des Endkunden erfüllt hat.