Zahlungsverzug

Schuldner können sich im geschäftlichen Verkehr mit der Zahlung fälliger Schulden nicht Monate Zeit lassen. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen, die wenig Eigenkapital haben und sich zwischenfinanzieren müssen, sind nachteilig betroffen von einer zögerlichen Zahlungsweise. Manche Unternehmen können sich die teurere Zwischenfinanzierung auch gar nicht leisten und geraten durch die verzögerte Zahlung fälliger Geldforderungen in wirtschaftliche Existenznot. Aber ab wann ist ein Schuldner in Verzug? 
Grundvoraussetzungen für ein Zahlungsverlangen sind das Bestehen eines Anspruchs auf Zahlung und dieser Anspruch muss fällig sein. Allein die Fälligkeit des Zahlungsanspruchs führt jedoch noch nicht zum Eintritt des Verzugs.

1. Fälligkeit des Kaufpreises

Grundsätzlich sind Gläubiger und Schuldner bei der Vereinbarung eines Zahlungstermins frei. Ist keine Vereinbarung zur Fälligkeit getroffen, gilt laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) als Grundregel § 271 BGB
"Ist eine Zeit für die Leistung weder bestimmt noch aus den Umständen zu entnehmen, kann der Gläubiger die Leistung sofort verlangen, der Schuldner sie sofort bewirken."
Daher ist eine Geldschuld sofort fällig, wenn nicht z. B. vertraglich eine andere abweichende Fälligkeitsvereinbarung getroffen wurde.  
Achtung: Bereits im Jahr 2014 wurden durch das „Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr“ die Möglichkeiten für Unternehmer und öffentliche Auftraggeber eingeschränkt, die grundsätzlich bestehende Pflicht zur sofortigen Zahlung einer Forderung durch die Vereinbarung von Zahlungs-, Überprüfungs- oder Abnahmefristen aufzuschieben. Nach § 271a BGB ist demnach eine Vereinbarung, die eine Zahlungsfrist von mehr als 60 Tagen vorsieht, nur zulässig, wenn sie ausdrücklich getroffen und im Hinblick auf die Belange des Gläubigers nicht grob unbillig ist. Sofern es sich bei dem Schuldner um einen öffentlichen Auftraggeber handelt, darf die Zahlungsfrist nicht mehr als 30 Tage betragen. Die 60- bzw. 30-Tage-Frist beginnt jeweils nach Empfang der Gegenleistung bzw. Zugang der Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufstellung.

2. Mahnung

Sofern der Schuldner trotz Fälligkeit nicht zahlt, kann ihn der Gläubiger mahnen. Die Mahnung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Aufforderung an den Schuldner, die fällige Zahlung zu erbringen. Die Mahnung ist nicht an eine bestimmte Form gebunden, kann also etwa auch telefonisch, per E-Mail oder durch schlüssiges Handeln erfolgen. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich allerdings eine schriftliche Mahnung. Außerdem sollte die Mahnung zur Klarstellung Angaben über Datum und Nummer der Rechnung, des Lieferscheins und des Zahlungsziels enthalten. Grundsätzlich kommt der Schuldner erst in Verzug, wenn er nach Fälligkeit seiner Leistung gemahnt wird und er daraufhin nicht leistet. Spätestens in der Mahnung sollte ein konkretes Kalenderdatum für die Zahlung genannt werden.

3. Entbehrlichkeit der Mahnung

Wenn der Käufer nicht bezahlt, muss der Verkäufer die Zahlung grundsätzlich anmahnen. Die Mahnung ist nur entbehrlich, wenn
  • für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist („Der Kaufpreis ist bis zum 21.11.2024 zahlbar.“). Dieser Zeitpunkt muss von beiden Parteien bestimmt worden sein. Eine einseitige Bestimmung, beispielsweise in der Rechnung, genügt dafür nicht.
  • der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt („Der Kaufpreis ist zahlbar innerhalb von 10 Tagen nach Lieferung“ oder „ Der Kaufpreis ist innerhalb von 15 Tagen nach Rechnungslegung zahlbar“. Nicht ausreichend ist: “Zahlung sofort nach Lieferung“.) Bei einem Widerruf nach § 355 BGB (zum Beispiel im Onlinehandel) tritt Verzug mit Ablauf der Frist nach § 357 Abs. 1 ein, das heißt nach 14 Tagen.
  • der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
  • aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist (z.B. der Schuldner entzieht sich einer Mahnung oder er kündigt die Leistung zu einem bestimmten Termin selbst an und kommt damit der Mahnung zuvor).

4. Bei Entgeltforderungen Eintritt des Verzugs spätestens nach 30 Tagen

Nach § 286 Absatz 3 Satz 1 BGB kommt der Schuldner einer Entgeltforderung spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder einer gleichwertigen Zahlungsaufforderung in Verzug, ohne dass es zusätzlich einer Mahnung des Gläubigers bedarf. Verbraucher (Verbraucher ist jede natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann) müssen aber auf der Rechnung oder Zahlungsaufstellung ausdrücklich darauf hingewiesen werden. Ein Hinweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Unternehmers reicht nicht aus.
Die Frist beginnt insofern mit dem Zugang der Rechnung beim Schuldner an zu laufen. Den Zugang muss im Zweifel der Rechnungssteller beweisen. Ist der Käufer ein Unternehmer (Unternehmer ist eine natürliche oder juristische Person oder rechtsfähige Personengesellschaft, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit handelt) und bestreitet er den Zugang der Rechnung, dann beginnt die 30 Tage-Frist mit Fälligkeit der ausgebliebenen Leistung und dem Erhalt der Ware.
Entgeltforderungen sind Forderungen, die auf die Zahlung eines Entgeltes für die Leistung von Gütern oder die Erbringung von Dienstleistungen gerichtet sind. Forderungen aus Dauerschuldverhältnissen wie Miet- oder Darlehenszins sind nicht umfasst.
Darüber hinaus kann der Gläubiger jederzeit den Verzug durch eine Mahnung innerhalb der 30 Tage-Frist früher bewirken.

5. Verzugszinsen

Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt fünf Prozentpunkte über dem variablen Basiszinssatz p.a., wenn an dem Kaufvertrag ein Verbraucher beteiligt ist. Bei Kaufverträgen zwischen Unternehmern erhöht sich der Zinssatz auf 9 % über dem Basiszinssatz. Eine Möglichkeit des Nachweises, dass dem Gläubiger ein geringerer Schaden entstanden ist, gibt es im Rahmen des gesetzlichen Verzugszinses nicht.
Der jeweils aktuelle Basiszinssatz lässt sich über die Internetseite der Bundesbank recherchieren. Er wird jeweils zum 01. Januar und 01. Juli eines Jahres angepasst.

6. Verzugsschaden

Darüber hinaus kann der Gläubiger seinen Verzugsschaden ersetzt verlangen. Das können im Einzelfall auch höhere Zinsen sein, etwa wenn der Gläubiger zur Zwischenfinanzierung einen Bankkredit in Anspruch nehmen muss. Als Verzugsschaden sind grundsätzlich auch die Kosten für weitere Mahnungen (mit Ausnahme der den Verzug begründenden Erstmahnung) anzusehen.
Achtung: Grundsätzlich bestimmt sich die Höhe der Mahnkosten nach dem Sachaufwand. Die ständige Rechtsprechung geht davon aus, dass der Gläubiger seinen eigenen Arbeits- und Zeitaufwand nicht vom Schuldner ersetzt verlangen kann. Dies gilt selbst dann, wenn hierfür eigenes Personal eingesetzt wird und jedenfalls die im Rahmen des Üblichen typischerweise zu erbringende Mühewaltung nicht überschritten wird (BGH, Beschluss vom 20.09.2016 - VIII ZR 239/15).
Ist der säumige Zahler kein Verbraucher, hat der Gläubiger einen Anspruch auf Zahlung einer Verzugspauschale von 40,00 Euro. Dies gilt auch dann, wenn es sich bei der geschuldeten Forderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale ist nach § 288 Abs. 5 BGB auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist. Ebenfalls zu ersetzen sind die notwendigen Kosten der Rechtsverfolgung durch einen Rechtsanwalt oder ein Inkassobüro. Obergrenze der Inkassokosten ist der entsprechende Gebührensatz für Rechtsanwälte.