Die Betriebsaufgabe: Die wichtigsten Fakten auf einen Blick


Droht Ihrem Unternehmen kein Insolvenzverfahren (falls doch finden Sie Informationen dazu auf der IHK-Seite zu Insolvenzrecht)
oder droht Ihnen als Kleingewerbetreibender keine Insolvenz (falls doch finden Sie Informationen dazu bei der Schuldnerberatung Hessen)
oder sollte sich kein Nachfolger für Ihr Unternehmen z.B. auf der Seite nexxt-change gefunden haben oder wollen Sie den Betrieb aus sonstigen Gründen nicht weiterführen, so kommt nur eine Betriebsaufgabe in Betracht.

Die folgende Checkliste soll Ihnen als Leitfaden dienen. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Welche Benachrichtigungen, Vertragskündigungen und Organisationsaufgaben sind zu erledigen?


Wichtig:
Erstellen Sie rechtzeitig eine Liste bestehender Verträge mit Kündigungsfristen. Halten Sie die vertraglichen oder gesetzlichen Kündigungsfristen ein. Beachten Sie die vorgeschriebene oder vereinbarte Form (z. B. schriftlich, per Einschreiben).

1. Finanzen/ Steuern

  •     Steuerberater:
    •         Kündigung des Buchführungsvertrages
    •         steuerliche Folgen der Betriebsaufgabe klären
    •         Finanzamt: Mitteilung, in Absprache mit Steuerberater
    •         Erstellung Schlussbilanzen und Steuererklärung
    •         Einreichung des Gläubigeraufrufes beim Bundesanzeiger (GmbH)
    •         Einreichung Abschlussbilanz  
    •         Aufbewahrung Geschäftsunterlagen/ Steuerunterlagen organisieren (Buchhaltung/ Rechnungen, Jahresabschlüsse, Inventuren)                                                                                                                                
Erläuterung:
Sollten Sie keinen Steuerberater haben, könnten folgende Ausführungen für Sie interessant sein.

Bei der Betriebsaufgabe muss der Unternehmer neben dem Gewinn aus laufendem Geschäftsverkehr auch den Aufgabegewinn der Einkommenssteuer unterwerfen. Ermitteln Sie den Aufgabegewinn mit Ihrem Steuerberater.

Neben dem laufenden Gewinn gehört auch der Gewinn aus der Aufgabe Ihres Betriebes grundsätzlich zu den steuerpflichtigen Einkünften. Die Aufgabe des Betriebes führt zur Realisierung der noch vorhandenen stillen Reserven. Die Summe der stillen Reserven entspricht dem Aufgabegewinn. Haben Sie das 55. Lebensjahr vollendet oder sind Sie dauernd berufsunfähig, so steht Ihnen ein Freibetrag in Höhe von 45.000 € auf den Aufgabegewinn zu. Dieser Aufgabegewinn stellt ein außerordentliches Einkommen dar und wird der Einkommenssteuer unterworfen. Ermitteln Sie den Aufgabegewinn mit Ihrem Steuerberater.

Betriebsaufgabe mit Verlust:
Ergibt sich bei der Aufgabe des Betriebs ein Verlust, können Sie diesen Verlust mit dem laufenden Gewinn ausgleichen (horizontaler Verlustausgleich) oder/ und mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten (vertikaler Verlustausgleich) nach den allgemeinen Grundsätzen verrechnen.

Entsteht im Jahr der Aufgabe ein Veräußerungsgewinn, während für den laufenden Betrieb ein Verlust anfällt, wird nur der um den Freibetrag (s.o.) gekürzte Veräußerungsgewinn mit dem laufenden Ergebnis verrechnet

Liquidatoren:
Mit der Aufgabe und der Auflösung einer Gesellschaft endet auch die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis der Gesellschafter. Daher muss dafür gesorgt werden, dass die Gesellschaft durch Liquidatoren handlungsfähig bleibt. § 146 Abs. 1 Satz 1 HGB überlässt ihre Bestimmung grundsätzlich den Gesellschaftern. Nur wenn weder durch Gesellschaftsvertrag noch durch Beschluss eine bestimmte Person zum Liquidator ernannt wird, sind alle Gesellschafter Liquidatoren.

Siehe auch weitergehende Informationen:


Tipp:
Holen Sie sich professionelle Beratung. Fragen Sie bei kleineren Problemen bei Ihrer zuständigen IHK nach. Insgesamt ist es ratsam, bei einer Betriebsaufgabe einen Steuerberater zu konsultieren, der Ihnen bei den anstehenden finanziellen Angelegenheiten hilft und Sie unterstützt. Nicht zuletzt aufgrund der komplexen Errechnung des Aufgabegewinns, ist es angezeigt, diesen aufzusuchen.

2. Mitarbeiter

  •  Arbeitsvertragskündigung                                                                                                                                
  •  Bei Massenentlassung ist diese dem Arbeitsamt anzuzeigen
  •  Wenn vorhanden, Betriebsrat beteiligen
  •  eventuell Sozialplan erstellen
  •  Berufsgenossenschaft: Abmeldung
Zunächst ist zu klären, ob es sich bei Ihrer Betriebsaufgabe um eine endgültige, dauerhafte Stilllegung des Betriebes oder um eine Betriebsübernahme handelt. Diese beiden Fallkonstellationen sind rechtlich unterschiedlich zu behandeln.

Sofern Ihr Betrieb übernommen wird, bestimmen sich die arbeitsrechtlichen Folgen nach § 613 a BGB. Dabei ist insbesondere zu beachten, dass im Vorfeld zu einer Betriebsübernahme Mitteilungspflichten bestehen, dass darüber hinaus bei einer Betriebsübernahme eine Kündigung wegen Betriebsübernahme nicht möglich ist und der neue Inhaber des Betriebes in die Rechte und Pflichten aus den bestehenden Arbeitsverträgen eintritt.

Davon zu unterscheiden ist eine endgültige, dauerhafte Betriebsstilllegung; bei dieser kann grundsätzlich unter Beachtung der allgemeinen Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung eine ordentliche Kündigung erfolgen. Dabei müssen Sie sich jedoch insbesondere hinsichtlich der Kündigungsfristen frühzeitig beraten lassen. Bei langjährigen Arbeitsverhältnissen können sehr lange Kündigungsfristen maßgeblich sein. Sofern gesetzliche Kündigungsfristen im jeweiligen Arbeitsverhältnis anzuwenden sind, kann diese Kündigungsfrist bis zu sieben Monate zum Ende eines Kalendermonats betragen; es können aber auch noch längere Kündigungsfristen auf Grund von arbeitsvertraglichen Regelungen oder Tarifverträgen einzuhalten sein.

Daher müssen Sie in jedem Fall im Vorfeld abklären, welche Kündigungsfristen für die einzelnen Arbeitsverhältnisse anzuwenden sind.
Eventuell ist es gerade bei sehr langen Kündigungsfristen möglich, Aufhebungsverträge zu schließen.

Eine Betriebsstilllegung ist per se kein Grund für ein außerordentliches Kündigungsrecht. Im Übrigen sind die allgemeinen Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung zu beachten, in diesem Zusammenhang sollten Sie sich daher frühzeitig vor Ausspruch einer Kündigung rechtlich beraten lassen.

Bei Mitarbeitern mit besonderem Kündigungsschutz (Elternzeit, Schwangere, Schwerbehinderte) muss vor Aussprache der Kündigung die Zustimmung des Regierungspräsidiums bzw. des Integrationsamtes eingeholt werden.

Bei Kündigungen von Auszubildenden im Rahmen der Betriebsaufgabe sind Sie als Ausbilder gegebenenfalls (aufgrund des Ausbildungsvertrages) verpflichtet, sich mit Hilfe der zuständigen Bundesagentur für Arbeit rechtzeitig um eine Fortsetzung der Ausbildung im bisherigen Ausbildungsberuf in einer anderen geeigneten Ausbildungsstätte zu bemühen.

Im Hinblick auf Abfindungen ist grundsätzlich festzustellen, dass die Zahlung einer Abfindung außerhalb eines Arbeitsgerichtsprozesses einer Rechtsgrundlage bedarf. Diese kann sich aus Vertrag, Betriebsvereinbarung oder Tarifvertag ergeben. Darüber hinaus kann im Rahmen eines Arbeitsgerichtsprozesses bei Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ein Abfindungsanspruch bestehen.

Sofern ein Betriebsrat in Ihrem Betrieb besteht, sind dessen Rechte zu beachten. Achten Sie darüber hinaus darauf, dass bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses die Arbeitszeugnisse und die Arbeitspapiere fertiggestellt sind und somit ausgehändigt werden können.

Tipp: Achten Sie schon vor der eigentlichen Betriebsaufgabe auf die Kündigungsfristen hinsichtlich der jeweiligen Arbeitsverhältnisse. Zwar kann die Betriebsaufgabe in Einzelfällen ein wichtiger Grund im Rahmen einer außerordentlichen Kündigung darstellen. Jedoch ist es rechtssicher, eine ordentliche Kündigung innerhalb der Kündigungsfrist zu erteilen, da die Wirksamkeit dieser Kündigungsart, im Gegensatz zu der außerordentlichen Kündigung, nicht durch das Vorliegen besondere Umstände beeinflusst wird. Achten Sie darauf, dass die Kündigungen schriftlich erfolgen. Eine frühzeitige rechtliche Beratung ist empfehlenswert.

Wichtig:
Sollte Ihr Betrieb mehr als 20 Beschäftigte haben, sollten Sie sich darüber informieren, ab wann Sie bei einer so genannten Massenentlassung die Agentur für Arbeit benachrichtigen sollten.

3. Langfristige Verträge

  •     Telekommunikation (Telefon, Fax, Mail, Domain) kündigen
  •     Telefonbuch, Branchenbücher, Werbung kündigen        
  •     Lieferanten/ Kunden: Liefer- oder Rahmenverträge kündigen      
  •     Leasingverträge kündigen oder überleiten                
  •     Vermieter: fristgemäße Kündigung des Gewerberaummietvertrages/ Pachtvertrages    
  •     Energielieferant: Abmelden und Schlussabrechnung     
  •     Wasserlieferant: Abmelden und Schlussabrechnung                        
  •     Müll/ Entsorgung: Kündigung          
  •     Bank:
    •         Geschäftskonto auflösen            
    •         Kreditkartenverträge           
    •         Daueraufträge kündigen                                                            
    •         Einzugsermächtigungen widerrufen                                        
  •     Wartungsvertrag                                                            
  •     Gesellschaftsvertrag                                                      
  •     Werbeverträge    
  •     GEMA/ GEZ              
  •     Kündigung von eventuellen Mitgliedschaften in Verbänden     
  •     Post benachrichtigen (Nachsendeauftrag bei Standortwechsel)            
Tipp:
Lesen Sie in den Vertragsunterlagen nach, welche Kündigungsfristen Sie beachten müssen und ob Sie im Falle der Betriebsaufgabe ein außerordentliches Kündigungsrecht haben. Besonders wichtig ist es hier die Formalien einzuhalten. 

4. Versicherungen

  •     Die Betriebsaufgabe ist bei der Krankenkasse anzeigen. Die Krankenkasse leitet die Meldung automatisch an die Rentenversicherungsträger weiter.
  •     Mitteilung an eventuell bestehende Zusatzversorgungskasse.
  •     Die Berufsgenossenschaft schriftlich über die Betriebsaufgabe informieren (binnen zwei Wochen nach der Betriebsaufgabe).
  •     Ihre Rentenversicherung informieren und im Falle der Altersrente diese  rechtzeitig beantragen.
  •     Betriebsversicherungen, wie Feuerversicherung, Sturmversicherung, Betriebsunterbrechungsversicherung kündigen.
  •     Betriebshaftpflichtversicherung: Wenn die Gefahr besteht, dass Schäden mit erheblicher zeitlicher Verzögerung (nach dem Zeitpunkt der Betriebsaufgabe) eintreten, sollten Sie die Versicherung nicht einfach ohne Angabe von Gründen zum nächstmöglichen Termin kündigen. Teilen Sie der Versicherungsgesellschaft den eigentlichen Grund zur Beendigung des Versicherungsvertrages mit. Dann ist der Versicherer gehalten, eine Nachversicherung über einen gewissen Zeitraum anzubieten. Diese gewährleistet, dass für noch eventuell eintretende Schadensereignisse Versicherungsschutz besteht.
Tipp:
Teilen Sie der Versicherung unbedingt den Grund für die Beendigung des Versicherungsvertrages mit und fragen direkt nach einer Nachversicherung. Diese deckt diejenigen Schadensfälle ab, die nach der Betriebsaufgabe anfallen. Kümmern Sie sich rechtzeitig um die oben genannten Belange. Ihre gesetzliche Rente erhalten Sie nicht automatisch. Sie müssen spätestens drei Monate vor dem gewünschten Starttermin einen Antrag stellen, um nicht in finanzielle Engpässe zu geraten.

5. Abmeldungen, Löschungen, Änderungen und Sonstiges

  •     Ordnungsamt
    •         Gewerbeabmeldung    
    •         ggf. Erlaubnisrückgabe  
                                              
  •     Handelsregister:                                 
    •         Eintragung des Auflösungsbeschlusses und Bestellung von Liquidatoren ( bei einer GmbH),    
    •         Beim Handelsregister die Löschung des Betriebes  beantragen  (wenn das Betrieb im Handelsregister eingetragen ist.
    •         Alle Änderungen und Eintragungen im Handelsregister können nur über einen Notar erfolgen.
  •      Betriebsfahrzeuge ummelden oder verkaufen
  •     Zulassungsstelle: PKW  abmelden    
  •     Kunden/ Geschäftspartner/ Lieferanten informieren                
  •     eventuell Räumungsverkauf, Gutscheine einlösen                 
  •     Entsorgung/ Verkauf der Betriebs- und Geschäftsausstattung (Mobiliar/ Maschinen/ Fahrzeuge)
  •     Liquidität während der Abwicklungsphase planen           
  •     Nachhaftung bei Gewährleistung beachten
  •     Wiederherstellung der gemieteten Räume; eventuell Renovierung

Tipp:
Eine Firma erlischt nach Durchführung der Liquidation und ggf. einer Sperrzeit bzw. bei Geschäftsaufgabe. Dies hängt stark von der Rechtsform ab. Ist das Unternehmen  im Handelsregister eingetragen, müssen Sie das Erlöschen in öffentlich beglaubigter Form über einen Notar zur Eintragung in das Handelsregister beim zuständigen Registergericht anmelden. Kommen Sie der Pflicht zur Anmeldung nicht nach, werden Sie hierzu vom Registergericht durch Festsetzung von Zwangsgeld angehalten.

Fazit:
Bei einer Betriebsaufgabe werden Sie mit einer Vielzahl von Aufgaben und rechtlichen Anforderungen konfrontiert. Mit dieser Checkliste behalten Sie dabei den Überblick. Halten Sie sich an die Vorgaben dieser Liste, so dass Sie einen Leitfaden für eine strukturierte Betriebsaufgabe an die Hand bekommen. Befassen Sie sich möglichst früh mit dem Thema Betriebsaufgabe. Es sind lange Fristen und Wartezeiten denkbar, die Ihnen die Betriebsaufgabe erschweren. Kümmern Sie sich schnell und gezielt über die aufgeführten Punkte. Generell ist Ihnen bei einer Betriebsaufgabe die Hinzuziehung eines Steuerberaters und eines Rechtsanwalts zu empfehlen.