Lebensmittelwerbung

Verbraucher versuchen meist, sich möglichst gesund zu ernähren, greifen viele Hersteller von Lebensmitteln und insbesondere von Nahrungsergänzungsmitteln darauf zurück, ihren Produkten wohltuende Eigenschaften zuzuschreiben. Wenn sich diese auf die Gesundheit beziehen, spricht man von sogenannten Health Claims.
Die Verordnung der Europäischen Gemeinschaft Nr. 1924/2006 zu nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben über Lebensmittel, kurz Health-Claims-Verordnung, gilt seit dem 1. Juli 2007 unmittelbar für alle Mitgliedsstaaten. Hierin wurden die allgemeinen Grundsätze und Bedingungen zur Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Aussagen über Lebensmittel festgelegt, sowie im Anhang die zulässigen nährwertbezogenen Angaben aufgeführt.
Durch ein umfangreiches Prüf- und Abstimmungsprozedere konnten erst mit der Verordnung (EU) Nr. 432/2012 der Kommission am 16. Mai 2012 die ersten 222 erlaubten gesundheitsbezogenen Angaben – nach Vorgabe von Artikel 13 der Health-Claims-Verordnung - veröffentlicht werden.
Die Festlegung der gemäß Artikel 4 der Health-Claims-Verordnung einzuhaltenden Nährwertprofile für die Verwendung von nährwert- und gesundheitsbezogener Werbung wurde bislang noch nicht abschließend durch eine Verordnung geregelt.
Die nachfolgenden Ausführungen geben einen Überblick über die Regelungen der Health-Claims-Verordnung, können aber nicht auf alle Einzelheiten eingehen.

Warum überhaupt eine Health-Claims-Verordnung?
 

In den einzelnen Mitgliedstaaten der Europäischen Union bestimmten bisher die unterschiedlichsten Regelungen den Umgang mit freiwilligen werbebezogenen Angaben auf Lebensmitteln. Es wurden zunehmend Lebensmittel mit Angaben auf besondere Produkteigenschaften mit positiver Wirkung auf die Gesundheit, z. B. „fettfrei“, „stärkt die natürlichen Abwehrkräfte“ bis hin zu „verringert das Risiko Herz- und Kreislauferkrankungen zu erleiden“ auf den Markt gebracht. Diesen europaweit uneinheitlichen Regelungen soll mit der Einführung der „Health-Claims-Verordnung“ abgeholfen werden. Durch eine europaweit einheitliche Regelung soll der freie Warenverkehr gewährleistet werden, indem gleiche Wettbewerbsbedingungen herstellt werden. Damit bringt die Verordnung umgekehrt auch Rechtssicherheit für die Unternehmen. Mit der Verordnung soll ferner sichergestellt werden, dass zukünftig „Gesundheitsversprechen“ nur noch zulässig sind, wenn sie eindeutig, präzise und wissenschaftlich abgesichert sind.

Was regelt die Health-Claims-Verordnung?
 

Die Health-Claims-Verordnung regelt ausschließlich die freiwilligen nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben auf Lebensmittel, die zusätzlich zu den Pflichtangaben nach der Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) unter gegebenen Voraussetzungen auf Lebensmittel angebracht werden können.
Zu Lebensmittel zählen alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen aufgenommen werden. Zu Lebensmitteln zählen auch Getränke, Nahrungsergänzungsmittel, Kaugummi sowie alle Stoffe einschließlich Wasser, die dem Lebensmittel bei seiner Herstellung oder Ver- oder Bearbeitung absichtlich zugesetzt werden.

Welche Produkte dürfen Angaben nach der Health-Claims-Verordnung tragen?
 

Nach der Verordnung ist vorgesehen, dass Lebensmittel mit ernährungsphysiologisch „negativen“ Eigenschaften keine Angaben nach der Health-Claims-Verordnung tragen dürfen. Die Einteilung nach Lebensmittel mit ernährungsphysiologisch „negativen“ bzw. „positiven“ Eigenschaften soll anhand von so genannten Nährwertprofilen, die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) in einem aufwändigen Verfahren unter Beteiligung der Mitgliedsstaaten ausgearbeitet werden, erfolgen. Die Festlegung gültiger Nährwertprofile für einzelne Lebensmittelkategorien ist bislang noch nicht abgeschlossen, obwohl nach dem Zeitplan der Europäischen Kommission eine Festlegung der Profile bis 19. Januar 2009 vorgesehen war. Ein Grund ist, dass die Einführung von Nährwertprofilen teilweise heftig kritisiert wird, da z. B. auch das deutsche Brot aufgrund seines erhöhten Salzgehalts nicht die vorgesehenen Werte eines „guten“ Lebensmittels erreichen könnte.

Die Formulierung von Anforderungen an Nährwertprofile von Lebensmitteln soll sicherstellen, dass Lebensmittel, die mit positiven Gesundheitseffekten beworben werden, nicht gleichzeitig Nährstoffe in Mengen enthalten, deren übermäßiger Verzehr mit chronischen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden. Denkbar wären hier Stoffe wie z. B. Fett, gesättigte Fettsäuren, Zucker und Salz/Natrium.
Erste Anhaltspunkte zu den evtl. angedachten Nährwertprofilen können einer Stellungnahme des Bundesinstituts für Risikobewertung vom 06.10.2010 zu Nährwertprofilen entnommen werden. Sollten Nährwertprofile durch EU-Verordnung festgelegt werden, ist also zu prüfen, ob das Lebensmittel, für das eine bestimmte Angabe gemacht wurde, innerhalb dieses Profils liegt oder nicht. Davon ist abhängig, ob der Health Claims weiterhin verwendet werden darf.

Fazit: Zurzeit liegen keine rechtsverbindlichen Nährwertprofile vor, die bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Health Claims herangezogen werden können. Generell darf nur mit Health Claims geworben werden, die von der EU-Kommission zugelassen wurden und wenn das Produkt die vorgegebenen Bedingungen erfüllt.

Welche Angaben sind nach der Health-Claims-Verordnung zulässig?
 

Die Health-Claims-Verordnung teilt die Lebensmittelangaben in zwei Kategorien auf:
1. Nährwertbezogene Angaben und
2. gesundheitsbezogene Angaben.

Nährwertbezogene Angaben sind solche Angaben, die sich begrifflich auf die Menge bestimmter einzelner Nährstoffe in einem Lebensmittel beziehen. Wenn zum Beispiel kein Fett enthalten ist, wäre die entsprechende nährwertbezogene Angabe »ohne Fett«. Ist der Fettgehalt reduziert, lautet die Bezeichnung »fettreduziert«.
Die zugelassenen nährwertbezogenen Angaben sowie die genauen Bedingungen zu deren Verwendung sind im Anhang der Health-Claims-Verordnung aufgeführt.

Beispiel: Sie möchten ein neues Produkt auf den Markt bringen, das wenig Fett beinhaltet. Aus dem Anhang der Health-Claims-Verordnung ergeben sich dann die Voraussetzungen für die Verwendung der Angabe „fettarm“:
»FETTARM: Die Angabe, ein Lebensmittel sei fettarm sowie jegliche Angabe, die für den Verbraucher voraussichtlich dieselbe Bedeutung hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt im Fall von festen Lebensmitteln weniger als 3 g Fett/100 g oder weniger als 1,5 g Fett/100 ml im Fall von flüssigen Lebensmitteln enthält (1,8 g Fett pro 100 ml bei teilentrahmter Milch)«

Gesundheitsbezogene Angaben sind Angaben, mit denen zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Zusammenhang zwischen einer Lebensmittelkategorie, einem Lebensmittel oder einem seiner Bestandteile einerseits und der Gesundheit andererseits besteht (z B. Calcium wird für die Erhaltung normaler Knochen benötigt). Die Wirkungsweise auf die Gesundheit muss wissenschaftlich erwiesen sein. Hierfür wurden in einem ersten Schritt alle bisher zulässigen Angaben in den Mitgliedsstaaten in einer Gemeinschaftsliste gesammelt, der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zugeleitet und von dieser wissenschaftlich bewertet. Die Bewertung der einzelnen Angaben auf Zulässigkeit als Health Claim ist noch nicht abgeschlossen. Eine Ergänzung der Gemeinschaftsliste kann jederzeit vorgenommen werden. Hierfür sieht Artikel 18 der Health-Claims-Verordnung vor, dass Lebensmittelunternehmen die Möglichkeit haben, die Aufnahme „neuer“ wissenschaftlich belegter Angaben in einem beschleunigten Verfahren zu beantragen.
Mit der Verordnung Nr. 432/2012 vom 16.05.2012 hat die Europäische Kommission eine Liste der ersten 222 zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben (Positiv-Liste), die über Lebensmittel gemacht werden dürfen, festgelegt. Der Prozess der Bewertung weiterer Health Claims und die Prüfung durch die EU-Kommission ist noch nicht abgeschlossen. Angaben, deren Bewertung noch nicht abgeschlossen ist, dürfen gemäß Artikel 28, Abs. 5 und 6 der Health-Claims-Verordnung weiter verwendet werden. Die aktuell zugelassenen, noch in Prüfung befindlichen und nach Prüfung abgelehnten Claims können auf der Website der Europäischen Kommission eingesehen werden.
Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent dürfen keine gesundheitsbezogenen Angaben tragen. Nährwertbezogene Angaben bei diesen Produkten sind nur zulässig, wenn sie sich auf einen geringen Alkoholgehalt oder eine Reduzierung des Alkoholgehalts oder des Brennwertes beziehen.
Eine besondere Kategorie der gesundheitsbezogenen Angaben sind Angaben über die Verringerung eines Krankheitsrisikos bzw. Angaben, die sich auf die Entwicklung und Gesundheit von Kindern beziehen (z. B. Vitamin D wird für das normale Wachstum und die Entwicklung der Knochen bei Kindern benötigt). Hierfür muss der Wirkungszusammenhang ebenfalls wissenschaftlich belegt sein und die Angabe darf erst verwendet werden, wenn sie in dem Unionsregister (siehe Website der Kommission) aufgeführt ist. Anderenfalls muss der Nachweis in einem komplexen und langwierigen Verfahren erbracht werden und die Genehmigung kann nur über ein Einzelzulassungsverfahren erfolgen.

Sonderfall: Gesundheitsbezogene Markennamen und Illustrationen

Die Health-Claims-Verordnung gilt auch für Markennamen, Handelsmarken oder Phantasiebezeichnungen, die in der Kennzeichnung, Aufmachung oder Werbung für ein Lebensmittel verwendet werden und als nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe aufgefasst werden können.
Zu beachten ist außerdem, dass auch Bilder, graphische Darstellungen und Symbole jeglicher Art »Angaben« im Sinne der Verordnung sind. Auch durch sie können gesundheitsbezogene Aussagen gemacht werden, beispielsweise durch die Abbildung eines Sportlers oder eines Kniegelenks etc.
Sollen solche Marken oder Illustrationen weiterverwendet werden, muss dem Produkt eine entsprechende nährwertbezogene bzw. gesundheitsbezogene Angabe beigefügt werden, was selbstverständlich voraussetzt, dass das Lebensmittel dem Nährwertprofil – sofern verabschiedete Nährwertprofile vorliegen - entspricht und die Bedingungen des jeweiligen Claims auch erfüllt.
Allerdings gelten für Produkte mit bereits vor dem 1. Januar 2005 bestehenden Handelsmarken oder Markennamen besonders lange Übergangsfristen: auch wenn die Marke nicht der Health-Claims-Verordnung entspricht, darf sie noch bis zum 19. Januar 2022 verwendet werden. Danach muss sie allerdings der Verordnung entsprechen, wenn sie weiterhin verwendet werden soll.

Hinweis: Im Bereich der Lebensmittelwerbung besteht ein Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt: Werbeaussagen, die ein Lebensmittel als besonders gesund darstellen, dürfen generell nicht mehr verwendet werden, es sei denn, sie wurden von der zuständigen EU-Behörde genehmigt und in die „Gemeinschaftsliste zulässiger Claims“ aufgenommen. Verstöße gegen diese Regelungen stellen gleichzeitig einen Verstoß gegen das Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb (UWG) und können als Rechtsbruch nach § 3a UWG oder als irreführende Werbung nach § 5 UWG abgemahnt werden.