Einigungsstelle zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten

Die Einigungsstelle hat die Aufgabe, in Wettbewerbsstreitfällen eine gütliche Einigung anzustreben. Sie soll es ermöglichen, ohne Inanspruchnahme der Gerichte Wettbewerbsstreitigkeiten einfach und kostensparend beizulegen.

I. Rechtsgrundlage

Nach § 15 Abs. 1 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) sind die Landesregierungen verpflichtet, bei den Industrie- und Handels­kammern Einigungsstellen zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten zu errichten. Zu diesem Zweck enthält das Gesetz eine Ermächtigung für die Landesregierungen, die zur Errichtung der Einigungsstellen und zur Regelung des Verfahrens vor den Einigungsstellen erforderlichen Vor­schriften zu erlassen. Aufgrund dieser Ermächtigung hat das Land Hessen durch die Verordnung über Einigungsstellen zur Beilegung von Wettbewerbsstreitigkeiten bei der IHK Frankfurt am Main eine Einigungs­stelle errichtet.

II. Zuständigkeit

Die Einigungsstelle ist sachlich für die Behandlung von bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten aus dem Wettbewerbsrecht (z.B. Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständig (UWG), § 15 UWG. Dies gilt stets bei Wettbewerbsverstößen, die den Geschäftsverkehr mit dem Letztverbraucher betreffen. Bei sonstigen Wettbewerbsstreitigkeiten können die Einigungsstellen tätig werden, sofern der Gegner zustimmt (§ 15 Abs. 3 UWG).
Die örtliche Zuständigkeit ist gegeben, wenn der Antragsgegner im IHK-Bezirk eine gewerbliche Niederlassung oder in Ermangelung einer solchen seinen Wohnsitz hat oder die in Streit befindliche Handlung dort begangen wurde (§§ 15 Abs. 4, 14 UWG).

III. Antragsberechtigte

  • Gewerbetreibenden, die Waren oder Leistungen gleicher Art oder verwandter Art herstellen oder in den geschäftlichen Verkehr bringen,
  • rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen,
  • rechtsfähige Verbände, zu deren satzungsmäßigen Aufgaben es gehört, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen (bei Zuwiderhandlungen gegen § 3 UWG können diese Verbände den Anspruch auf Unterlassung nur geltend machen, soweit der Anspruch eine Handlung betrifft, durch die wesentliche Belange der Verbraucher berührt werden),
  • IHKs und Handwerkskammern.

IV. Besetzung

Die Einigungsstelle ist durch Verordnung vom 13. Februar 1959 (VO über Einigungsstellen) bei der IHK Frankfurt am Main errichtet und tagt in deren Geschäftsräumen. Die Einigungsstelle ist mit einem Rechtskundigen, der die Befähigung zum Richteramt hat, als Vorsitzender und mit sachverständigen Gewerbetreibenden als Beisitzer besetzt.

Die Liste der Vorsitzenden und Beisitzer kann bei der Geschäftsstelle der IHK eingesehen werden. Die Beisitzerliste wird jährlich in den IHK-Mitteilungen veröffentlicht und enthält Gewerbetreibende der verschiedensten Wirtschaftszweige.
Für die Ausschließung und Ablehnung von Mitgliedern der Einigungsstelle (z. B. wegen befürchteter Befangenheit) gelten die entsprechenden Bestimmungen der Zivilprozeßordnung (vgl. § 15 Abs. 2 UWG in Verbindung mit den §§ 41 - 43 und 44 Abs. 2 - 4 ZPO).

V. Geschäftsführung

Die Geschäfte der Einigungsstelle werden von der IHK geführt. Zuschriften sowie mündliche und telefonische Mitteilungen und Anfragen an die Einigungsstelle sind an die Dienstanschrift der IHK zu richten.

VI. Gang des Verfahrens

1. Verfahrensbeginn durch Antragstellung

Wer ein Verfahren vor der Einigungsstelle einleiten will, hat einen Antrag mit Begründung schriftlich bei der Geschäftsstelle einzureichen oder dort zu Protokoll zu erklären; Urkunden oder sonstige Beweisstücke, die der Begründung des Antrags dienen, sind beizufügen (§5 der VO über Einigungsstellen).
Antragsberechtigt sind Gewerbetreibende, die Waren oder Leistungen gleicher oder verwandter Art wie der Antragsgegner herstellen oder in den geschäftlichen Verkehr bringen sowie Verbände zur Förderung gewerblicher Interessen, soweit sie in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten klagen können (§ 15 Abs. 3 in Verbindung mit § 8 UWG). Ferner sind antragsberechtigt Verbraucherverbände in Fällen mit Bezug zu Verbraucherbelangen sowie Letztverbraucher im Falle des § 8 UWG, das das Rücktrittsrecht bei unwahren und irreführenden Werbeangaben regelt.
Durch die Anrufung der Einigungsstelle wird die Verjährung des Wettbewerbsverstoßes in gleicher Weise wie durch Klageerhebung unterbrochen (§ 15 Abs. 9 Satz 1 UWG). Während der Anhängigkeit eines Einigungsstellenverfahrens ist Klage auf Feststellung, dass der geltend gemachte Anspruch nicht besteht, unzulässig. (§ 15 Abs. 10 Satz 4 UWG).

2. Mündliche Verhandlung

In der Regel wird auf den Antrag hin ein Verhandlungstermin vor der Einigungsstelle anberaumt. Wenn jedoch die Einigungsstelle den geltend gemachten Anspruch von vornherein für unbegründet oder sich für unzuständig erachtet, kann sie die Einleitung von Einigungsverhandlungen ablehnen (§ 15 Abs. 8 UWG). Die Verhandlung ist nicht öffentlich. Bei Vorliegen eines berechtigten Interesses kann jedoch der Vorsitzende Dritten die Anwesenheit gestatten (§ 6 Abs. 1 der VO über Einigungsstellen). Um den vertraulichen Charakter der Verhandlung zu wahren, kann der Vorsitzende allen Teilnehmern die Geheimhaltung von Tatsachen, die ihnen durch das Verfahren bekannt werden, zur Pflicht machen (§ 6 Abs. 3 der VO über Einigungsstellen). Die Beschlüsse der Einigungsstelle werden mit Stimmenmehrheit gefasst.

3. Ladung zum Termin und persönliches Erscheinen

Die Parteien werden von dem Vorsitzenden der Einigungsstelle zur mündlichen Verhandlung geladen. Wettbewerbsstreitfälle sind zumeist eilbedürftig. Daher beträgt die Ladungsfrist zur mündlichen Verhandlung drei Tage. Sie kann von dem Vorsitzenden abgekürzt oder verlängert werden (§ 7 der VO über Einigungsstellen).
Die Verhandlung vor der Einigungsstelle sollte - auch wenn persönliches Erscheinen nicht angeordnet ist - von den Parteien persönlich wahrgenommen werden. Dies ist der Aufklärung des Sachverhalts und einer gütlichen Einigung förderlich. Die Vertretung durch Bevollmächtigte ist grundsätzlich zulässig. Der Bevollmächtigte hat eine schriftliche Vollmacht vorzulegen und muss zur Aufklärung des Sachverhalts in der Lage und zur Abgabe von Erklärungen, insbesondere zum Abschluss eines Vergleichs, ermächtigt sein.
Der Vorsitzende der Einigungsstelle kann das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen und durch Ordnungsgelder erzwingen (§ 15 Abs. 5 UWG), es sei denn, ein geeigneter Vertreter ist zum Verhandlungstermin anwesend.

4. Einigungsvorschläge

Die Einigungsstelle hat einen gütlichen Ausgleich anzustreben. Sie kann im Einzelfall den Parteien auch einen schriftlichen, mit Gründen versehenen Einigungsvorschlag machen (§ 15 Abs. 6 UWG).

5. Vergleich

Kommt eine Einigung zwischen den Parteien vor der Einigungsstelle zustande, dann wird sie in einem schriftlichen Vergleich in einer besonderen Urkunde niedergelegt. In dem Vergleich kann insbesondere vereinbart werden, dass der Antragsgegner für die Zukunft die Unterlassung der beanstandeten Werbung zusichert. Außerdem kann Schadensersatz, die Zahlung eines Ausgleichsbetrages und für zukünftige Zuwiderhandlungen gegen den Vergleich eine Vertragsstrafe vereinbart werden. Aus einem vor der Einigungsstelle geschlossenen Vergleich kann die Zwangsvollstreckung wie aus einem Urteil unter entsprechender Anwendung der Zivilprozessordnung betrieben werden (§ 15 Abs. 7 UWG). Ist eine Einigung nicht erzielbar, stellt die Einigungsstelle dies fest. Es bleibt dann den Parteien überlassen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.


6. Kosten des Verfahrens

Für das Verfahren vor der Einigungsstelle werden Gebühren nicht erhoben. Im Übrigen trägt jede Partei die ihr entstandenen Kosten selbst, einschließlich die ihrer Bevollmächtigten (§ 12 Abs. 4 der VO über Einigungsstellen).