Zum Jahresanfang 2025 befindet sich die Weltwirtschaft auf einem soliden Wachstumskurs. Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung prognostiziert dieses Jahr einen Zuwachs des realen Bruttoinlandsproduktes um 2,6 Prozent.
Getragen wird der moderate Expansionskurs vor allem vom Dienstleistungssektor. Seit dem Sommer 2023 hat aber auch die Industrieproduktion weltweit wieder an Fahrt aufgenommen. Der Welthandel entwickelt sich verhaltener als in der Vergangenheit. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass Güter von großen Volkswirtschaften wie China und den USA selbst hergestellt und nicht mehr importiert werden. Zudem wird der internationale Handel durch Handelsbeschränkungen und geopolitische Unsicherheiten auf wichtigen Handelsrouten beschränkt.
Zum Jahresanfang 2024 war die chinesische Wirtschaft stark gewachsen; im weiteren Jahresverlauf hat die Dynamik aber deutlich nachgelassen. Dafür entwickelte sich die Konjunktur in den USA und dem Vereinigten Königreich in der zweiten Jahreshälfte wieder deutlich dynamischer. Zudem profitieren viele südostasiatische Länder von einer starken Außenwirtschaft und einer hohen Binnennachfrage. Deutlich schwächer als im weltweiten Durchschnitt verlief die wirtschaftliche Entwicklung hingegen im Euro-Raum. Der Sachverständigenrat geht für den Euro-Raum ohne Deutschland von einem Wachstum des realen Bruttoinlandsproduktes von 1,1 Prozent im Jahr 2024 aus und prognostiziert für 2025 ein BIP-Wachstum von 1,5 Prozent.
Der Rückgang der Inflationsraten weltweit haben dazu geführt, dass die Zentralbanken der großen Volkswirtschaften eine Lockerung der Geldpolitik eingeleitet haben; sowohl die FED als auch die EZB haben 2024 ihre Leitzinsen gesenkt. Während Ende Januar 2025 die EZB einen weiteren Zinsschritt nach unten vorgenommen hat, hat die FED die Leitzinsen unverändert gelassen. Damit reagiert die US-Notenbank auf die berechtigten Befürchtungen, dass Trumps Zoll- und Migrationspolitik zu einem wieder zunehmenden Inflationsdruck führen könnte.
Zudem haben sich die geopolitischen Risiken gegenüber dem Vorjahr drastisch erhöht. Die Wiederwahl Donald Trumps und das (voraussichtliche) Ende US-amerikanischer Sicherheitsgarantien für Europa führen zur kritischsten Sicherheitslage in Europa seit 1948. Neben der zunehmenden Unterstützung des Aggressors Russland wird deutlich, dass sich die USA unter Trump zunehmend von der westlichen Wertegemeinschaft entfernt und grundlegendes internationales Recht nicht mehr anerkennen möchte. In diesem Zusammenhang sind auch die jüngsten Drohungen gegenüber Panama (Panama-Kanal) und dem NATO-Verbündeten Dänemark (Grönland) sowie der Vorschlag, Millionen von Palästinensern zu vertreiben, um aus dem Gaza-Streifen ein Ferienparadies zu machen, zu sehen.
Zusätzlich kommt es zu massiven Änderungen in der US-Wirtschaftspolitik. Handelsbeschränkungen und Anhebungen von Zöllen durch die USA werden die deutsche Industrie in besonderem Maße treffen: Trotz der Erfahrungen mit der ersten Trump-Administration ist die deutsche mit der US-amerikanischen Wirtschaft eng verflochten. In Bezug auf einzelne Länder waren die USA im Jahr 2024 seit 2015 erstmals wieder wichtigster Handelspartner Deutschlands. Der Anteil der Ausfuhren von Industriegütern in die Vereinigten Staaten beliefen sich zuletzt auf zehn Prozent aller deutschen Exporte. Umgekehrt bezieht Deutschland sieben Prozent aller Industriegüter aus dem Ausland von den USA. Daneben sind die transatlantischen Investitionsbeziehungen von hoher Bedeutung. Im Jahr 2022 entfielen knapp 28 Prozent aller deutschen Direktinvestitionsbestände auf die USA (China acht Prozent). Umgekehrt stammen fast 11 Prozent aller Direktinvestitionen in Deutschland aus den USA (China weniger als ein Prozent). Vor diesem Hintergrund ist eine möglicherweise konfrontative protektionistische und erratische Außenhandelspolitik der USA für die weitere wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands von maßgeblicher Bedeutung. Eine Modellrechnung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) quantifiziert die potenziellen Anpassungslasten, die mit einer protektionistischen Zollpolitik der USA und Gegenreaktionen in der EU einhergehen können Im Zeitraum 2025 bis 2028: Danach käme es in Deutschland zu einem kumulierten Ausfall an Wirtschaftsleistung in einer Größenordnung von bis zu 180 Milliarden Euro infolge von Exporteinbußen und rückläufigen Investitionen in Deutschland. Hinzu könnte es zu Störungen in den Lieferketten kommen. Möglich sind zum Beispiel eingeschränkte Zugänge zum US-Beschaffungsmarkt etwa bei Hochtechnologien und Einschränkungen bei technologischen Kooperationen. Nicht zuletzt sind Wettbewerbsverzerrungen durch Nachteile bei Energiekosten und Umweltstandards sowie durch industriepolitische Subventionierungen oder Wechselkursmanipulationen möglich. Dies erhöht möglicherweise den Konkurrenzdruck auf dem deutschen Markt über kostengünstigere US-Importe (Quelle: IW-Report 2/2025: Auswirkungen der neuen US-Regierung auf Unternehmen in Deutschland vom 21.01.2025).